Woelkis Missbrauchsliste wurde geschreddert

Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki steht weiter in der Kritik wegen seines Umgangs mit Missbrauchshinweisen.
Woelkis Missbrauchsliste wurde geschreddert

Kardinal Woelki bei der Übergabe des Gutachtens –Foto: rwm

Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki steht weiter in der Kritik wegen seines Umgangs mit Missbrauchshinweisen. Konkret geht es um eine Liste aus dem Jahr 2015 mit den Namen von Priestern, denen sexuelle Gewalt vorgeworfen wurde. Diese Aufstellung sei geschreddert worden, nachdem der Kardinal sie durchgesehen habe, teilte das Erzbistum Köln am Mittwoch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) mit. Dieser Schritt sei aus Datenschutzgründen erfolgt.

„Herr Kardinal Woelki hat keine Erinnerung daran, welche Namen überhaupt auf der vor mehr als sieben Jahren eingesehenen Liste standen“, hieß es weiter: „Er weiß auch nicht, ob die Liste hinsichtlich der Priester, denen Missbrauch vorgeworfen wurde, vollständig war.“ Es habe sich um eine Excel-Tabelle gehandelt, die die Namen der beschuldigten Geistlichen sowie die jeweilige Zahlung an Missbrauchsbetroffene auswies. Informationen zu den konkreten Vorwürfen und zum Verfahrensstand habe das Dokument nicht enthalten.

Der Erzbischof habe 2015 keine Maßnahmen gegen die auf der Liste benannten Personen unternommen, da bereits die Fachstellen des Erzbistums mit den Fällen befasst gewesen seien und die Liste abgearbeitet gewesen sei. „Kardinal Woelki vertraute auf die ordnungsgemäße Arbeit der zuständigen, unabhängigen und qualifizierten Interventionsstelle“, so das Erzbistum weiter.

Die Liste spielt auch in einem Aufarbeitungsgutachten für das Erzbistum Köln eine Rolle, das die Kanzlei Gercke Wollschläger im März 2021 veröffentlichte. Demnach berichtete Woelki den Juristen im Februar 2021, dass er den Namen eines mit ihm befreundeten beschuldigten Priesters sowie eine relativ hohe Anerkennungszahlung in der Tabelle gelesen hatte. „Diese Feststellung habe ihm den Boden unter den Füßen weggezogen“, schrieben die Gutachter über Woelkis Aussage – und: „Dies sei für ihn ein furchtbarer Augenblick gewesen.“

Der Kardinal ließ sich laut Gercke-Report die Akten des Beschuldigten kommen. Da dieser jedoch an Demenz erkrankt und nicht mehr vernehmungsfähig gewesen sei, habe Woelki keine weiteren Schritte eingeleitet.

Anders als die Gercke-Gutachter sehen einige Beobachter in diesem Verhalten einen Verstoß gegen das Kirchenrecht. Woelki bat Papst Franziskus, seinen Umgang mit dem Fall zu prüfen. Eine offizielle Antwort aus dem Vatikan ist bis heute nicht bekannt.

kna