Berichte: Woelki könnte schon im Mai vom Fall Pilz gewusst haben

Neue Medienrecherchen hinterfragen eine eidesstattliche Versicherung des Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki.
Köln – Neue Medienrecherchen hinterfragen eine eidesstattliche Versicherung des Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki. Der Deutschlandfunk berichtete am Mittwoch über gemeinsame Nachforschungen mit der "Zeit"-Beilage "Christ & Welt". Beide Medien geben an, Woelki habe bereits im Mai 2022 einen Missbrauchsbetroffenen per Brief zu einem Gespräch eingeladen. Der Mann wirft dem bundesweit prominenten und 2019 verstorbenen Priester Winfried Pilz vor, ihn als Erwachsenen zweimal vergewaltigt zu haben. Woelki hat in einem Gerichtsverfahren an Eides statt versichert, mit dem Fall Pilz nicht vor der vierten Juni-Woche 2022 befasst gewesen zu sein.

Kardinal Rainer Maria Woelki. Foto: rwm

Neue Medienrecherchen hinterfragen eine eidesstattliche Versicherung des Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki. Der Deutschlandfunk berichtete am Mittwoch über gemeinsame Nachforschungen mit der „Zeit“-Beilage „Christ & Welt“. Beide Medien geben an, Woelki habe bereits im Mai 2022 einen Missbrauchsbetroffenen per Brief zu einem Gespräch eingeladen. Der Mann wirft dem bundesweit prominenten und 2019 verstorbenen Priester Winfried Pilz vor, ihn zweimal vergewaltigt zu haben. Woelki hat in einem Gerichtsverfahren an Eides statt versichert, mit dem Fall Pilz nicht vor der vierten Juni-Woche 2022 befasst gewesen zu sein.

Schriftliche Einladung Woelkis liege vor

Laut Deutschlandfunk liegt den Medien die schriftliche Einladung Woelkis vor. Sie sei auf den 6. Mai datiert und von der Büroleiterin des Kardinals auf dessen Bitte hin verfasst worden. Dem Betroffenen sei ein Termin am 27. Juni vorgeschlagen worden. An dem Treffen sollte demnach auch ein Mitarbeiter der Interventionsstelle des Erzbistums teilnehmen. Da die Krebserkrankung des Mannes jedoch fortgeschritten und der Kardinal Ende Juni an Corona erkrankt war, habe der Termin nicht stattgefunden. Dafür habe Woelki den Betroffenen am 11. August an dessen Krankenbett besucht.

Der 1956 geborene Mann lebte dem Bericht zufolge als Ikonenmaler in der kirchlichen Jugendbildungsstätte Haus Altenberg, die Pilz von 1972 bis 1989 als Rektor leitete. Bereits 1988 soll der Maler dem Erzbistum erstmals von der Vergewaltigung berichtet haben. Er habe sich damals an einen Weihbischof gewandt und von weiteren möglichen Betroffenen erzählt. Es habe jedoch keine Folgen gegeben. Im vergangenen Winter habe der Mann noch einmal Kontakt mit dem Erzbistum gehabt.

Erzbistum Köln bliebt bei seiner Darstellung

Laut Bericht bleibt das Erzbistum bei der Aussage, dass Woelki sich nicht vor der vierten Juni-Woche mit dem Fall Pilz befasst habe. Die Medien zitieren die Pressestelle des Erzbistums wie folgt: „Die von ihnen dargestellten Umstände führten damit nicht zu einer früheren Befassung des Herrn Kardinal Woelki mit Pilz. … Erst in der 4. Juniwoche wurde Herrn Kardinal Woelki mitgeteilt, dass S. Vorwürfe gegen P. erhebt.“ Dass es ein Seelsorgegespräch am Krankenbett gegeben habe, sei jedoch bestätigt worden. Zudem habe die Erzdiözese mitgeteilt, ihr lägen keine Meldungen zu Pilz aus dem Zeitraum um 1988 vor.

Zu der Einladung vom Mai erklärte das Erzbistum am Mittwoch auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), Kardinal Woelki habe nach der Veröffentlichung eines Aufarbeitungsgutachtens im März 2021 Gespräche zum Thema Missbrauch angeboten. Bei einem Gesprächswunsch stimme sein Büro selbstständig einen Termin ab. „Herr Kardinal Woelki selbst wird dann erst unmittelbar vor dem stattfindenden Termin in der Vorbereitung des Termins damit befasst, wer Gesprächspartner ist, und er bekommt soweit erforderlich auch erst dann eine inhaltliche Vorbereitung auf den Termin“, so das Erzbistum.

Termin „ohne Befassung“ des Kardinals

Der Ikonenmaler habe von sich aus um ein Treffen gebeten, das Woelkis Büro „ohne Befassung“ durch den Kardinal koordiniert habe. Am 11. August habe es dann einen Besuch am Krankenbett gegeben. Dem Erzbischof sei erst in der vierten Juni-Woche mitgeteilt worden, dass dieser Besuch anstehe, und dass der Maler Vorwürfe gegen Pilz erhebe.

Der 2019 verstorbene Winfried Pilz war in den Nullerjahren als Präsident des Kindermissionswerks „Die Sternsinger“ tätig und zählte zu den prominentesten katholischen Geistlichen Deutschlands. 2012 wurden dem Erzbistum nachweislich Missbrauchsvorwürfe eines „schutzbedürftigen Erwachsenen“ gegen Pilz bekannt; zwei Jahre später erließ der damalige Kölner Kardinal Joachim Meisner ein Strafdekret gegen den Priester. Ende Juni 2022 machten das Erzbistum und „Die Sternsinger“ die Vorwürfe gegen Pilz erstmals öffentlich. Damit sollten weitere mögliche Opfer gefunden werden.

kna