Die Juristin und Vorsitzende des Katholikenrats der Region München, Hiltrud Schönheit, sieht in Teilen der katholischen Kirche Führungsschwäche und eine Kultur der Angst.
Bonn/München – Die Juristin und Vorsitzende des Katholikenrats der Region München, Hiltrud Schönheit, sieht in Teilen der katholischen Kirche Führungsschwäche und eine Kultur der Angst. Dies seien auch wichtige Ursachen für Machtmissbrauch, sagte sie im Interview des Portals katholisch.de (Montag). Sie ist Mitherausgeberin des neuen Buchs „Heillose Macht“, in dem 50 kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Erfahrungen mit Machtmissbrauch, Missachtung und unmenschlichem Umgang schildern.
Als großes Problem benannte Schönheit die Kommunikation in der Kirche: „Oft ist sie von Klerikalismus und Unprofessionalität geprägt.“ Schlechte Führung gebe es natürlich auch in der Wirtschaft, doch „spezifisch katholisch wird schlechte Führung, wenn Führungshandeln oder Führungspersönlichkeiten spirituell überhöht werden, wenn der Wille Gottes vereinnahmt wird“.
Eine problematische Machtkultur sei auch Folge einer Struktur, nach der Bischöfe und Priester Vollmachten hätten „wie ein absoluter Monarch, der alles entscheiden kann und alles darf – ohne wirksame Kontrolle“. Dabei fehle oft die Fähigkeit zur Führung: „Wenn von oben nicht für Ordnung und Struktur gesorgt wird, entsteht unten ein Vakuum, das von denen gefüllt wird, die das wollen – und ob es gut gefüllt wird oder nicht, hängt allein von der jeweiligen Person ab, die kaum Unterstützung darin unterhält, eine gute Führungskultur zu entwickeln.“
Zum Entwurf einer neuen Grundordnung des kirchlichen Dienstes, der auch Kriterien für gute Führung definiert, sagte die Expertin: „Das sind zunächst einmal nur Worte. Es kommt darauf an, wie sie gefüllt und gelebt werden. Nur das Ziel zu postulieren, genügt nicht. Es braucht auch Ideen und Konzepte, wie Menschen zu so einer Führung befähigt werden.“
Die kirchlichen Mitarbeitervertretungen stoßen nach Schönheits Beobachtung oft an Grenzen: „Auch bei der betrieblichen Mitbestimmung ist es ein Problem, wenn Macht und Autorität letzten Endes theologisch begründet werden und die Führung den Willen Gottes für sich reklamiert. Da ist dann kein Agieren auf Augenhöhe möglich.“
Dass im kirchlichen Arbeitsrecht von „Dienstgemeinschaft“ gesprochen werde, könne auch benutzt werden, um von Machtverhältnissen abzulenken: „Wenn am Ende doch der Pfarrer sagt, wo es lang geht, ohne Rücksicht auf Absprachen und Kompetenzen, dann kann man so viel von Dienstgemeinschaft reden, wie man will: Der Begriff dient dann doch nur der Vertuschung der wahren Machtverhältnisse.“
Service
Am heutigen Montag erscheint „Heillose Macht! Von der Kultur der Angst im kirchlichen Dienst“, herausgegeben von Thomas Hanstein, Hiltrud Schönheit und Peter Schönheit, im Herder-Verlag.