Archäologen der Universität Mainz haben bei Grabungen am See Genezareth Details über den frühislamischen Kalifenpalast Khirbat al-Minya und die Umgebung entdeckt.
Mainz – Archäologen der Universität Mainz haben bei Grabungen am See Genezareth Details über den frühislamischen Kalifenpalast Khirbat al-Minya und die Umgebung entdeckt. Laut Mitteilung der Uni von Mittwoch legten die Forschenden in der Nähe des Ortes Tabgha am nordwestlichen Ufer des Sees ein neues Mosaik frei.
Daran lasse sich nachweisen, dass dort Jahrhunderte vor dem Bau des Kalifenpalastes im achten Jahrhundert nach Christus eine Siedlung bestanden habe. Anfangs hätten dort Juden und Christen gelebt, später eine kleine muslimische Gemeinde. Grabungsleiter Hans-Peter Kuhnen zufolge ging die Forschung bislang davon aus, dass der Palast an das menschenleere Seeufer gebaut wurde. Die Forschenden legten auch einen Siedeofen zur Verarbeitung von Zuckerrohr frei.
„Wir haben mit unseren Grabungen tatsächlich ins Schwarze getroffen“, sagte Kuhnen. Durch Oberflächenuntersuchungen und gezielte Sondierungsschnitte konnten die Mainzer Archäologen demnach jetzt nachweisen, dass der Kalif im frühen 8. Jahrhundert seinen Palast mit der eingebauten Moschee und dem 15 Meter hohen Torturm respektvoll am Rand einer bestehenden Siedlung errichtete und nicht, wie bisher vermutet, „auf der grünen Wiese“ am menschenleeren Seeufer.
Das Forschungsprojekt war als Lehrgrabung konzipiert. Es erfolgte mit Unterstützung der Israel Antiquities Authority und wurde von der Thyssen-Stiftung, der Axel-Springer Stiftung, der Santander-Stiftung und dem Deutschen Akademischen Austauschdienst gefördert. Quartier erhielten die Ausgräber im Pilgerhaus Tabgha des Deutschen Vereins vom Heiligen Lande, dem das Grabungsgelände am Nordwestufer des Sees Genezareth seit 1895 gehört.
Bei ihren Grabungen fanden die Mainzer Archäologinnen und Archäologen Steinbauten unterschiedlicher Zeitstellung aus Basalt mit verputzten Wänden, einer Zisterne und farbigen Mosaikböden. Sensationell seien die dort abgebildeten Blüten auf langen geschlungenen Stängeln, wie sie im 5. bis 6. Jahrhundert für sogenannte Nilszenen-Mosaike nach Forscherangaben typisch sind. Sie symbolisierten mit Bildern der Tier- und Pflanzenwelt des Niltals die lebensschöpfende Kraft des großen Stroms, der durch die jährlich wiederkehrende Nilflut die Fruchtbarkeit Ägyptens sicherte. Nilszenen-Mosaike kommen deshalb in spätantiken Kirchen wie etwa im Pilgerheiligtum der nahen Brotvermehrungskirche von Tabgha vor, aber auch in luxuriösen Anwesen spätantiker Städte.
Zusammen mit Keramikfunden des 5. bis 7. Jahrhunderts beweise das neu entdeckte Mosaik, dass die Ortschaft am Seeufer bereits Jahrhunderte vor dem Bau des Kalifenplastes bestand und anfangs von christlicher oder jüdischer Bevölkerung bewohnt war, so die Forscher. Später kam eine kleine muslimische Gemeinde hinzu, für die der Kalif im frühen 8. Jahrhundert extra einen Seiteneingang in seine Palastmoschee einbauen ließ.