Die unabhängige Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, hat grundsätzliche Bedenken an der Aufarbeitung in der katholischen Kirche angemeldet.
Berlin/Köln – Nach dem Rücktritt des Vorsitzenden der Aufarbeitungskommission im Erzbistum Köln hat die unabhängige Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, grundsätzliche Bedenken an der Aufarbeitung in der katholischen Kirche angemeldet. Die aktuelle Entwicklung in Köln sei ein Rückschlag für die notwendige Aufarbeitung, erklärte Claus am Montag auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin. Der Vorgang werfe auch mit Blick auf die Beteiligung von Betroffenen Fragen auf.
Der Staatsrechtler Stephan Rixen hatte am Montag bekannt gegeben, seine Mitgliedschaft in der Unabhängigen Aufarbeitungskommission für das Erzbistum Köln zu beenden und damit auch den Vorsitz niederzulegen. Als Grund gab er Zweifel an Unabhängigkeit und Effizienz des Gremiums an. Die nordrhein-westfälische Landesregierung hatte ihn in das Gremium entsandt.
Die Errichtung der Kommission geht auf eine Vereinbarung zwischen dem früheren Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, und der Deutschen Bischofskonferenz zurück. Mitglieder sind Vertreter des Bistums, Experten aus Wissenschaft, Fachpraxis, Justiz und öffentlicher Verwaltung sowie Betroffene. Sie werden teils von der Kirche, teils von der Landesregierung benannt und sämtlich vom Ortsbischof berufen.
Claus erklärte weiter, sie habe Gesprächsbedarf. Denn wesentliches Kriterium der Aufarbeitung sei ihre Unabhängigkeit. Es müsse perspektivisch geschaut werden, welche weitere Stärkung – über die Gemeinsame Erklärung hinaus – für eine umfassende und unabhängige Aufarbeitung notwendig seien.
Claus verwies darauf, dass sich die Ampelfraktionen in ihrem Koalitionsvertrag auf eine Stärkung ihres Amtes verständigt hatten. Mit Blick darauf werde sie sich auch für eine Aufwertung der bei ihrem Amt angesiedelten Unabhängigen Aufarbeitungskommission auf Bundesebene und des Betroffenenrates einsetzen. „Betroffene haben ein Recht auf Aufarbeitung – Institutionen und Gesellschaft sind in der Pflicht, hierfür Strukturen bereitzustellen“, sagte Claus.
Auch in drei Ost-Bistümern hatte es mit Blick auf die Aufarbeitung Streit gegeben. Vertreterinnen und Vertreter des Betroffenenbeirats ließen Anfang November ihre Mitarbeit in der Aufarbeitungskommission ruhen und sprachen sich gegen eine Konstituierung derselben aus. Anlass der Kontroverse war eine Änderung der Satzung durch die Bischöfe, wonach Betroffene neben dem Kommissionsvorsitz auch nicht die Stellvertretung übernehmen dürfen. Hier war Claus um Vermittlung gebeten worden.