Nach scharfen Proteste gegen die Abberufung eines Pfarrers in Bergisch-Gladbach räumt das Erzbistum Fehler im Generalvikariat ein.
Nach scharfen Proteste gegen die Abberufung zweier Pfarrer in Bergisch-Gladbach räumt das Erzbistum Fehler im Generalvikariat ein. Der Kirchenvorstand einer Gemeinde in Bergisch Gladbach hatte Kardinal Rainer Maria Woelki und dem für die Entwicklung der Pastoralen Einheiten zuständigen Hauptabteilungsleiter Lügen und menschenverachtendes Verhalten bei der Umstrukturierung der Gemeinden in der Stadt vorgeworfen.
Das Gremium zeigte sich in einem offenen Brief entsetzt darüber, dass Bergisch Gladbach als „Modellprojekt“ für die Zusammenlegung von Gemeinden zu pastoralen Einheiten worden sei – und dies ohne Wissen und Beteiligung des Pfarrers und der Gemeinde. Auch der bisherige Pfarrer Winfried Kissel, der gegen seinen Willen seinen Rücktritt anbieten musste, äußerte in einem Brief an die Gemeinde sein Unverständnis. “Wir als Kirchengemeinde fühlen uns von der Bistumsleitung als Christen ohne Rechte behandelt, die nach Gutdünken und der Willkür der Bistumsleitung zu funktionieren haben”, heißt es in dem Offenen Brief, der unter anderem durch den Kirchenvorstand der Gemeinde St. Johann Baptist Refrath-Frankenforst unterzeichnet wurde.“
Erzbistum Köln: Versäumnisse von Seiten der Projektverantwortlichen im Generalvikariat
Die Katholischen Gemeinden in Bergisch Gladbach sollen bei der umfassenden Konsolidierung des Erzbistums Köln eine Vorreiterrolle einnehmen: Schon zum 1. März werden die fünf Seelsorgebereiche der Stadt in einer „pastoralen Einheit“ unter Leitung von Kreisdechant Norbert Hörter zusammengefasst. Zwei von früher fünf leitenden Pfarrern werden kurzfristig freigestellt, eine Stelle bleibt unbesetzt. Dies war am vorigen Wochenende bekannt geworden. Das Projekt des Erzbistums Köln, die derzeit 178 Seelsorgebereiche in 66 „Pastorale Einheiten“ zusammenzulegen, ist an sich auf mehrere Jahre ausgelegt.
In einer erst am Dienstagabend veröffentlichten Stellungnahme des Erzbistums Köln heißt es nun. „Zum Start des Projekts wurde am Wochenende 14./15. Januar im Rahmen eines Proklamandums (Bekanntmachung beim Gottesdienst) das geplante Vorgehen in den dortigen Pfarreien bekannt gemacht. Im Zuge dessen wurden auch personelle Veränderungen benannt. Leider ist es dabei zu Fehlern und Versäumnissen von Seiten der Projektverantwortlichen im Generalvikariat gekommen, die diese sehr bedauern. Das Proklamandum hat in Bergisch Gladbach und im Erzbistum zu Irritationen, Enttäuschungen und Wut geführt.“
Woelki: „Großes Verständnis für den vorgebrachten Unmut“
Angesichts der oben benannten Versäumnisse habe der Erzbischof „sein großes Verständnis für den vorgebrachten Unmut, der auch ihn in zahlreichen Mails erreichte“ geäußert. Umgehend habe Woelki sich daher „über die entstandene Situation von den Verantwortlichen im Generalvikariat informieren lassen. In diesem Kontext brachte der Erzbischof noch einmal unmissverständlich zum Ausdruck, dass das geplante Modellprojekt mit den Menschen vor Ort besprochen und von diesen mitgestaltet und getragen werden muss“, teilte die Pressestelle des Erzbistums mit. „Deshalb habe ich darum gebeten, sich jetzt noch einmal die Zeit zum intensiven Dialog zu nehmen, um die notwendigen Schritte zu besprechen“, so Woelki. Der Prozess #ZusammenFinden sei „für die Zukunft unseres Erzbistums elementar wichtig. Denn nur gemeinsam ist es überhaupt möglich, einen solchen Weg zu gehen“.
Weihbischof Ansgar Puff als für den Pastoralbezirk Süd zuständiger Bischof sei damit beauftragt, Gespräche mit den Gremien und den Pastoralen Diensten in Bergisch Gladbach vor Ort zu führen. Hierzu liefen bereits erste Terminabstimmungen. Auf Basis der Rückmeldungen aus diesen Gesprächen werde der Erzbischof mit den Prozessbeteiligten im Generalvikariat die weitere Vorgehensweise abstimmen. Zudem hat er die Hauptabteilung Entwicklung Pastorale Einheiten beauftragt, kurzfristig eine vertiefende Information zum Modellprojekt und dem weiteren Entwicklungsprozess an alle Pastoralen Dienste und Gremienmitglieder im Erzbistum Köln herauszugeben.
Pfarrer: „Ich gehe diesen Schritt nicht freiwillig“
In seinem von der Gemeinde veröffentlichten Brief erläuterte Pfarrer Kissel, dass er von Kardinal Woelki zum Verzicht auf sein Amt gedrängt worden sei: „Er verlangt von mir diesen Schritt unter Verweis auf das Gehorsamsversprechen, das ich ihm bei der Weihe gegeben habe. Ich gehe diesen Schritt nicht freiwillig.“ Kissel sei durch die Art und Weise, wie diese Veränderung durchgesetzt und kommuniziert wurde, „verletzt und enttäuscht“. Die Entscheidung der Bistumsleitung stehe im Widerspruch zu vorigen Zusagen, dass vor September 2023 keine Personalentscheidungen vorgenommen würden. „Gerade im Hinblick auf den großen Vertrauensverlust, der aufgrund des Umgangs unserer Bistumsleitung mit Missbrauch entstanden ist, aber auch hinsichtlich des Versprechens von Transparenz und Einbeziehung der Gemeinde im Projekt #ZusammenFinden, fühle ich mich bewusst getäuscht und belogen“, schrieb Kissel weiter. Nach Angaben des Pfarrers sei sein Angebot, als Pfarrvikar in der neuen pastoralen Einheit zu wirken, ausgeschlagen worden.
Der Kirchenvorstand verlang vom Bistum, den Pfarrer bis zum 1. September im Amt zu belassen, das Modellprojekt in Bergisch Gladbach aufzugeben und die Gemeinden in der Stadt gleich wie alle anderen Gemeinden im Erzbistum zu behandeln.