In der Reformdebatte der katholischen Kirche mahnt der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck zu mehr Nüchternheit.
Mülheim – In der Reformdebatte der katholischen Kirche mahnt der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck zu mehr Nüchternheit. „Kompromisse, die manchmal auch nur in einigen nächsten Schritten bestehen, werden häufig mit dem Argument zurückgewiesen, dass ein Nein dem Schutz von christlicher Identität dient“, kritisierte Overbeck im Halbjahresmagazin „Akzente“ (1/23) der bistumseigenen Akademie „Die Wolfsburg“ in Mühlheim an der Ruhr. „Das hat den Effekt, dass jede Reformdebatte so aufgeladen wird, als stünde das Fundament des christlichen Glaubens zur Disposition.“
Overbeck wandte sich gegen Versuche, einer von ökumenischer Offenheit geprägten Kirche mit Rekonfessionalisierung begegnen zu wollen. Manche befürchteten dann, dass die kirchliche Botschaft verdunkelt oder relativiert werde. „Diesen Pessimismus teile ich nicht und halte auch die Grundannahme für falsch, dass religiöse Identitätssicherung durch Abgrenzung ein gangbarer Zukunftsweg ist.“
Tiefgreifende Reformen seien vor allem deshalb notwendig, um in Zukunft den Missbrauch von Macht wirksam zu verhindern, schrieb der Bischof. Er plädiere für eine „konstruktive Konfliktkultur“. Dabei gehe es um die Frage, wie mit religiösen Traditionen als religiöser Ressource umgegangen werde. „Ein reines ‚Schützen‘, das nur konservieren will und sich gegenwärtigen Herausforderungen verweigert, kann nicht die Antwort sein“, so Overbeck. „Hier muss immer wieder aufs Neue eine verantwortbare Balance gefunden werden, die beide Dimensionen im Blick behält.“
Laut Overbeck werden viele Fragen, die gegenwärtig beim Reformdialog Synodaler Weg in Deutschland diskutiert werden, auch auf dem von Papst Franziskus initiierten synodalen Prozess der Weltkirche gestellt. „Allein das zeigt doch schon, dass es sich nicht um deutsche Sonderthemen handelt.“
Im Synodalen Weg beraten deutsche Bischöfe und Laienvertreter seit 2019 über die Zukunft der katholischen Kirche. Ausgangspunkt ist eine jahrelange Kirchenkrise, die der Missbrauchsskandal verschärft hat. In der Debatte geht es vor allem um die Themen Macht, Priestertum und Sexualmoral sowie um die Rolle von Frauen in der Kirche.