Die Zahl der Kirchenaustritte bei etlichen Amtsgerichten in Nordrhein-Westfalen hat 2022 neue Höchstwerte erreicht.
Köln – Die Zahl der Kirchenaustritte bei etlichen Amtsgerichten in Nordrhein-Westfalen hat 2022 neue Höchstwerte erreicht. Das zeigt eine Umfrage der „Kölnischen Rundschau“ (Freitag) in NRW-Großstädten und bei Amtsgerichten im Rheinland. Alle befragten Amtsgerichte, die bereits eine Auswertung vorlegen konnten, meldeten demnach einen weiteren Anstieg gegenüber dem Rekordjahr 2021.
Beim Amtsgericht Oberhausen wurden demnach im vergangenen Jahr 2.409 Kirchenaustritte registriert, mehr als doppelt so viele wie im Vorjahr (1.176). Auch in Düren gab es gegenüber 2021 einen Anstieg um 95,8 Prozent auf nun 2.894 Austritte, wie es hieß. In der Landeshauptstadt Düsseldorf lag die Zahl der Austritte dem Bericht zufolge mit 9.653 um 59,7 Prozent über der des Vergleichsjahres 2021.
In absoluten Zahlen liegt Köln (20.331) vorn, was einem Plus von 5 Prozent gegenüber 2021 entspricht. Das Amtsgericht Bonn (6.146 Fälle, plus 4,2 Prozent) meldete ebenfalls eine eher moderate Steigerung, so die Zeitung. Andere Gerichte wiesen Steigerungsraten zwischen 30 und 50 Prozent oder darüber aus. Dort, wo die Gerichte die Austritte nach Konfessionen getrennt erfassen, ergab sich meist eine Zunahme des Anteils der bisherigen Katholiken unter den Ausgetretenen. 2021 hatten 155.322 Menschen die Kirchen in NRW verlassen.
Expertin: Kirchenaustritt nicht mehr „begründungspflichtig“
Nicht wer aus der Kirche austritt, muss es heute gesellschaftlich begründen, sondern wer in der Kirche bleibt. Das beobachtet Petra-Angela Ahrens vom Sozialwissenschaftlichen Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Eine Mitgliedschaft in der Kirche werde für die meisten Menschen immer weniger plausibel, sagte sie.
Mittlerweile gebe es eine Art Sogeffekt, so Ahrens weiter: „Gerade bei Jüngeren erleben wir verstärkt einen Kirchenaustritt bei Gelegenheit, der keinen besonderen Anlass wie kirchliche Skandale oder enttäuschende Erfahrungen braucht, manchmal sogar in Absprache mit Familienangehörigen oder Freunden.“ Die Kirchenmitgliedschaft sei in der Gesellschaft heute „begründungspflichtig“ geworden so wie früher der Austritt.