Sozialethiker: Bereitschaft zur Organspende bewusst treffen

Die Bereitschaft zur Organspende ist nach Worten des Sozialethikers Andreas Lob-Hüdepohl immer auch eine “Entscheidung über die Qualität des persönlichen Sterbens”.
Berlin – Die Bereitschaft zur Organspende ist nach Worten des Sozialethikers Andreas Lob-Hüdepohl immer auch eine "Entscheidung über die Qualität des persönlichen Sterbens". Jeder spendenbereite Mensch "muss wissen und wollen können, dass im Fall der Fälle an die Seite der Sorge um mich als sterbenden Menschen auch die vordringlicher werdende Sorge um einen transplantationsbedürftigen anonymen Dritten tritt", schreibt das Ethikratsmitglied in einem Gastkommentar in der "Welt am Sonntag".

Andreas Lob-Hüdepohl –Foto: © Deutscher Ethikrat/Reiner Zensen

Die Bereitschaft zur Organspende ist nach Worten des Sozialethikers Andreas Lob-Hüdepohl immer auch eine “Entscheidung über die Qualität des persönlichen Sterbens”. Jeder spendenbereite Mensch “muss wissen und wollen können, dass im Fall der Fälle an die Seite der Sorge um mich als sterbenden Menschen auch die vordringlicher werdende Sorge um einen transplantationsbedürftigen anonymen Dritten tritt”, schreibt das Ethikratsmitglied in einem Gastkommentar in der Welt am Sonntag.

Zugleich müsse man sich klar machen, dass es oftmals um das Überleben dieses Dritten gehe. Es sei erfreulich, dass viele Menschen mit ihrer Bereitschaft zur Organspende das Überleben anderer voranstellten. “Mit sehr guten Argumenten kann man für diese Priorisierung eintreten. Man kann sogar offensiv dafür werben”, so Lob-Hüdepohl. Es sei ethisch gerechtfertigt, dass jede Person durch das Anschreiben seitens der Krankenkasse oder bei Beantragung eines Ausweisdokuments “zwangsbehelligt” werde, sich mit der Frage einer Organspende auseinandersetzen zu müssen.

Die Entscheidung darüber müsse jedoch immer aus einer “bewussten und aktiv getroffenen Abwägung resultieren”, betont der Ethiker. “Nur so wird man der ethischen Brisanz einer postmortalen Organspende gerecht.”

Fast fünf Millionen Menschen in Deutschland hatten im vergangenen Jahr einen Organspendeausweis bestellt. Die Zahl ist fast viermal so hoch wie 2021, wie Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten (Samstag) unter Berufung auf die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung berichten.

Zum Inkrafttreten des neuen Transplantationsgesetzes am 1. März 2022 wurden den Angaben zufolge außerdem weitere 3,4 Millionen Ausweise von Hausarztpraxen bestellt. Im Zuge der Gesetzesänderung können sich Patienten alle zwei Jahre vom Hausarzt über Organspende beraten lassen. Eine Sprecherin der Bundeszentrale begründete den Anstieg mit dem neuen Gesetz und der damit verbundenen höheren Aufmerksamkeit für das Thema.

Im Vergleich zu 2021 zurückgegangen ist dagegen die Zahl derer, die ein Organ gespendet haben. Im Vorjahr waren es 869, ein Rückgang um 6,9 Prozent.

kna