Christian Stückl (61), viermaliger Spielleiter der Oberammergauer Passionsspiele, hat nach eigenen Worten mit 15 Jahren in einem weltlichen Internat in Weilheim einen sexuellen Übergriff erlebt.
München – Christian Stückl (61), viermaliger Spielleiter der Oberammergauer Passionsspiele, hat nach eigenen Worten mit 15 Jahren in einem weltlichen Internat in Weilheim einen sexuellen Übergriff erlebt. Dabei habe es sich nicht um einen Missbrauch gehandelt, betonte Stückl gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Donnerstagabend. Auch habe den Übergriff kein Pater begangen, stellte er klar.
Stückl ging ursprünglich im Ettaler Klostergymnasium zur Schule. Zu den dort stattgefundenen Übergriffen auf Schüler sagte der Regisseur in einem Interview der Münchner Abendzeitung (Donnerstag): „Wir haben das alle irgendwie mitgekriegt, aber wir waren in der Pubertät und konnten es nicht wirklich einordnen. Und wenn es einem wie mir nicht persönlich passiert ist, dann musste man sich auch nicht damit auseinandersetzen.“
Später sei er „so mit 15 Jahren“ in ein Internat in Weilheim gekommen. „Da war einer, der hat uns immer abends im Bett unter die Decke gegriffen und angefasst.“ Die Schüler hätten sich deshalb immer extra fest eingewickelt. Er selbst habe sich gesagt, wenn dieser das einmal bei ihm mache, bringe er ihn um. „Es ist dann passiert. Ich habe ihn nicht umgebracht, aber ich bin nachts aufs Fahrrad gestiegen, heimgeradelt und habe es meiner Mutter erzählt.“
Seine Mutter habe ihm sofort geglaubt, berichtete Stückl. „Das war, glaub ich, mein Glück.“ Den Übergriff habe er verkraftet, vor allem weil seine Mutter hinter ihm gestanden habe. „Wenn das nicht so gewesen wäre, wäre es vielleicht schwieriger geworden.“
Der Kirche wirft Stückl in dem Interview vor, überhaupt keinen Umgang mit dem Problem gefunden zu haben. „Das sind lauter erwachsene Männer, die geschwiegen haben. In Ettal wurde den Opfern später Geld für eine psychologische Behandlung angeboten, das war alles. Ich bin da sprachlos. Und solche Vorfälle tauchen in dieser Kirche immer wieder auf.“ Zugleich berichtete der Theatermann, dass der Bruder seines Schwagers wegen der Vorfälle im Internat der Klosterschule Ettal sich das Leben genommen habe.
„Mein Glaube an die Kirche als Institution ist am Ende“, sagte Stückl. Für ihn gelte mittlerweile: „Je älter ich werde, desto weniger glaube ich.“ Seiner Ansicht nach lässt sich nicht zwischen Institution und Glaube trennen. „Dieser Jesus, der wollte wirklich viel; aber vielleicht muss man heute auch sagen: Er ist ein Gescheiterter.“ Die Welt zu verändern, sei ihm nicht gelungen. „Wir haben uns das wohl alles gebaut – einen Gott, die Religion – weil wir es nicht aushalten können, dass es vielleicht doch irgendwann einfach vorbei ist.“
Im Münchner Volkstheater hatte am Donnerstagabend „Bilder von uns“ von Thomas Melle in der Regie von Stückl Premiere. Darin geht es um junge Männer, die in unterschiedlicher Weise mit an der Schule erlebtem Missbrauch im Erwachsenenalter umgehen. Der Autor war Schüler am Bonner Aloisiuskolleg. An dem Gymnasium der Jesuiten war es auch zu Übergriffen gekommen.