Das Erzbistum Paderborn wollte Laien transparent bei der Wahl des neuen Erzbischofs beteiligen. Das hat der Vatikan jetzt gestoppt. Ganz unerwartet kam das nicht. Es dürfte Signalwirkung für weitere Bistümer haben.
Paderborn – Wo exakt das Ende der Reform-Fahnenstange ist, hat der Vatikan jetzt wieder einmal sehr deutlich aufgezeigt. Das Erzbistum Paderborn wollte als Erstes einen der zentralen Reformbeschlüsse des Synodalen Wegs zur Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland umsetzten: Eine Mitwirkung von Laien bei der Wahl eines neuen Bischofs im Rahmen eines festgeschriebenen Verfahrens. Üblicherweise ist das Ganze eine Angelegenheit des Domkapitels. Die Sache in Paderborn lief gut an – doch jetzt stoppte der Vatikan das veränderte Verfahren. Und zwar an genau der Stelle, wo es eben kirchenrechtlich problematisch wird.
Die Laien sind beim zweiten und entscheidenden Schritt – der eigentlichen Bischofswahl – draußen
Die 14 Frauen und Männer, die im Herbst mit dem Domkapitel zusammen eine Vorschlagsliste geeigneter Personen für die Nachfolge von Erzbischof Hans-Josef Becker erstellt hatten, bekamen jetzt Post vom Dompropst: „Um die Rechtmäßigkeit der Wahl zu wahren, haben wir daher keine Möglichkeit, Sie weiterhin am Verfahren der Bischofswahl zu beteiligen.“ Der Grund: Dem Domkapitel sei über den Botschafter des Papstes in Deutschland, Nuntius Nikola Eterovic, eine entsprechende „klare Antwort aus Rom“ übermittelt worden. Nach einer Prüfung sei nun entschieden, dass eine weitere Beteiligung von Personen über die Mitglieder des Domkapitels hinaus nicht möglich sei.
Damit sind die Laien beim zweiten und entscheidenden Schritt – der eigentlichen Bischofswahl – draußen. Denn die Mitwirkung an einer Vorschlagsliste, die dann über den Nuntius – zusammen mit anderen Vorschlägen – nach Rom geht, ist das eine. Das andere ist jedoch eine Beteiligung an der Wahl des künftigen Bischofs aus der sogenannten Dreierliste, die dem Domkapitel irgendwann aus Rom zugeht. So regeln es die entsprechenden Staatskirchenverträge, die Konkordate, für alle deutschen Bistümer – außer für Bayern. Dort sieht das Konkordat vor, dass zwar Vorschläge eingereicht werden, der Papst aber frei und allein über neue Bischöfe dort entscheidet und das schlicht mitteilt.
Paderborn viel eine Vorreiterrolle zu – aufmerksam beobachtet von den anderen Bistümern
Als der Synodale Weg im Februar 2022 als ersten konkreten Reformbeschluss ein Papier zur „Einbeziehung der Gläubigen in die Bestellung des Diözesanbischofs“ verabschiedete, war die Rede von einem historischen Moment. Doch schon wenig später zeigte sich, dass das Papier in Sachen Umsetzbarkeit unausgegoren war. Dessen ungeachtet versuchte das Erzbistum Paderborn, einen neuen Weg zu gehen. Es war das erste Bistum, in dem nach dem Synodalbeschluss der Bischofsstuhl vakant wurde. Und so fiel Paderborn eine Vorreiterrolle zu – aufmerksam beobachtet von den anderen Bistümern.
Bei einer Mitwirkung von Laien an einer Kandidatenliste für die Bischofsnachfolge lässt das Kirchenrecht etwas Spielraum, wie die Meinungsbildung zustande kommt. Und so ist es in vielen Bistümern bereits üblich, auch Laien oder Bistumsgremien dazu anzuhören. Es gibt aber weder Anhörungsrechte noch eine rechtliche Verpflichtung, sich an solche Vorschläge zu binden, betont der Kirchenrechtler Helmuth Pree. Bei diesem Part steht die vatikanische Ampel quasi auf „Orange“.
Päpstliche Geheimnis wird angetastet
Auf „Rot“ springt sie in dem Moment, wenn es um die eigentliche Bischofswahl geht und das sogenannte Päpstliche Geheimnis angetastet wird. Das sieht vor, dass sowohl über die römische Dreierliste und den Wahlverlauf von allen Beteiligten Stillschweigen zu bewahren ist. Es müsste nun durch den Vatikan höchst formell auch auf die beteiligten Laien ausgeweitet werden. Hinzu kommt: Wenn das Wahlgremium – bislang nur das Domkapitel – erweitert werden soll, dann bedarf es dafür einer Änderung des Konkordats. Und es würde einen Sinneswandel im Vatikan erforderlich machen.
Beides halten viele Kirchenrechtler für unwahrscheinlich. Norbert Lüdecke etwa verweist auf ganz ähnliche Bestrebungen zur Reform der Bischofswahl in Österreich in den 1990er-Jahren. Diese habe Rom damals für rechtswidrig erklärt. Anhaltspunkte für eine Änderung dieser Haltung gebe es nicht. „Der Heilige Stuhl will nicht mit Gruppenvoten konfrontiert werden – und schon gar nicht mit Voten von Laiengremien.“
Die Ampel ist auf Rot gesprungen
Das Problem mit dem Päpstlichen Geheimnis hatte das Paderborner Domkapitel durchaus auf dem Zettel. Laut Dompropst Göbel schlug es dem Nuntius vor, es auf den Kreis der 14 Laien auszuweiten, um die Vertraulichkeit bei der Personalfindung zu gewährleisten. Doch jetzt ist klar: Dazu ist Rom nicht bereit. Die Ampel ist auf Rot gesprungen. Und das hat auch Signalwirkung für andere Bistümer – etwa für Osnabrück, wo der Bischofsstuhl seit Neuestem ebenfalls vakant ist und das sich offen für eine Laienbeteiligung zeigte.
Im bayrischen Bistum Bamberg indes, wo ebenfalls ein neuer Bischof gesucht wird, hat das Domkapitel in Sachen Laienbeteiligung klar abgewunken – unter Verweis auf das Konkordat. Das ist insofern bemerkenswert, da das dortige Domkapitel ja gar nicht selbst einen Kandidaten wählen darf, sondern lediglich eine Vorschlagsliste erstellt. Die rote Ampel steht mitunter nicht in Rom.