Erzbischof Georg Gänswein hat laut eigenem Bekunden einige schwierige Phasen als Testamentsvollstrecker von Benedikt XVI. erlebt.
Passau/Regensburg – Erzbischof Georg Gänswein hat laut eigenem Bekunden einige schwierige Phasen als Testamentsvollstrecker von Benedikt XVI. erlebt. Die von dem verstorbenen Papst verfügte Vernichtung privater Korrespondenz bezeichnete Gänswein in einem Interview der Mediengruppe Bayern (Dienstag) als den schmerzhaftesten Moment. „Im Testament stand, die privaten Briefe der Familie sind ohne Ausnahmen zu vernichten. Er hatte sie alle sorgfältig gebündelt aufbewahrt. Als ich die Briefe schreddern musste, war das sehr bitter.“
Zugleich betonte der Erzbischof und langjährige Vertraute von Benedikt XVI.: „Es ging dabei nur um die Briefe, die die Eltern Ratzinger an ihre Kinder schrieben oder später auch die Geschwister untereinander. Ich sagte zu Papst Benedikt noch zu Lebzeiten, ich werde sicher dafür kritisiert.“ Gleichwohl sei er dem letzten Wunsch des Verstorbenen ohne Ausflüchte nachgekommen.
Der allergrößte Teil des Nachlasses sei an das Institut Papst Benedikt XVI. in Regensburg gegangen, so Gänswein. Weitere wichtige Dokumente gelangten demnach in das päpstliche Geheimarchiv und in das Archiv der Glaubenskongregation. Er selbst habe von Benedikt einen Tabernakel für seine neue Kapelle geschenkt bekommen, fügte der Erzbischof hinzu. „Aus seinem Nachlass habe ich ein wunderschönes bayerisches Holzkreuz erhalten, das er selbst in seiner Kapelle als Kardinal hatte.“
Gänswein warnt vor Kirchenspaltung durch Synodalen Weg
Gänswein warnte in dem Interview auch vor einer Kirchenspaltung durch den Synodalen Weg. Der von den deutschen Bischöfen und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken initiierte Reformdialog habe zu „Spannungen innerhalb der Katholischen Kirche in Deutschland und mit dem Heiligen Stuhl“ geführt, sagte Gänswein. Mehrfach habe der Vatikan eindeutig und klar Grenzen aufgezeigt, die es, ernst zu nehmen gelte. „Ich bete und hoffe, dass eine Spaltung verhindert werden kann.“
Gestartet wurde der Synodale Weg unter dem Eindruck einer jahrelangen Kirchenkrise, die der Missbrauchsskandal noch einmal verschärfte. Im März gingen die Beratungen zuende. Im Mittelpunkt standen die Themen Macht, Rolle der Frau, Sexualmoral und priesterliche Lebensform. Die Gespräche zwischen Bischöfen und Laien sollen in einem Synodalen Rat fortgeführt werden.
Er bezweifle, dass der Synodale Weg, so wie er sich entwickelt habe, die richtige Antwort auf die Missbrauchskrise gewesen sei, sagte Gänswein. Die dort behandelten Themen gingen über die notwendige Beantwortung der Missbrauchskrise weit hinaus. „Dabei ist die Gefahr erwachsen, dass Sonderwege aus der Einheit der Universalkirche hinausführen.“
Seiner Ansicht nach besitze der Synodale Weg keinerlei bindende Rechtskraft. Auch liefere die Initiative keine Antworten auf die tatsächlichen Nöte der Gläubigen, sagte der Erzbischof und langjährige Vertraute des verstorbenen Papstes Benedikt XVI., der immer noch als einer der wichtigsten deutschen Vertreter im Vatikan gilt.
„Der Glaubensverlust ist durch den Synodalen Weg eher noch gewachsen“, bilanzierte Gänswein. Anstatt Strukturfragen zu erörtern, gelte es, den Glauben wieder zu vertiefen. „Glaube wird, wenn ich es ernst nehme, nur durch wirkliche persönliche Umkehr und Vertiefung zu neuem Leben erwachen. Das freilich setzt ein persönliches Mühen und Entschiedenheit voraus.“
kna/rwm