Papst Franziskus ist wieder da. Nach einem neuntägigen Krankenhausaufenthalt leitete er am Sonntag das traditionelle Mittagsgebet vor Gläubigen auf dem Petersplatz. Die zeigten sich erleichtert.
Vatikanstadt – Oben ein roter Teppich, unten jubelt die Menge. Zwei Vatikan-Mitarbeiter haben das Textil mit Papst-Wappen eben aus einem Fenster hoch oben im Apostolischen Palast gerollt. Die Vorbereitungsarbeiten sind Anlass für Applaus und Jubel unten auf dem Petersplatz. Denn: In wenigen Minuten wird Papst Franziskus in dem Fenster erscheinen, um das traditionelle Mittagsgebet zu leiten. Es wird der erste reguläre, öffentliche Auftritt des Papstes nach seiner Darm-Operation am 7. Juni in der Gemelli-Klinik in Rom sein. Vergangenen Sonntag gab es keine öffentliche Präsenz des Papstes, was durchaus ungewöhnlich war. Selbst nach seiner letzten OP im Jahr 2021 leitete er das Angelus-Gebet – von einem Balkon der Klinik aus.
Auf dem Petersplatz haben einige Pfadfinder ihre großen, grauen Hüte tief ins Gesicht gezogen. Die raren Schattenplätze sind schon lange belegt. Gruppenleiter Valerio Allegrini vertritt sich die Beine. Seit anderthalb Stunden stehen er und fünf weitere Pfadfinder in der prallen Sonne und warten auf den Papst. „Wir wollen ihn nach seinem Krankenhausaufenthalt grüßen und ihm zeigen, dass ihm seine Gemeinschaft nahe ist“, sagt Valerio, der am Stadtrand von Rom wohnt.
Einige Meter weiter spenden die verirrten Tropfen eines Springbrunnens wenigstens ein bisschen Abkühlung. Drei Möwen baden im Wasserstrahl und lassen sich von der Pilgergruppe aus Deutschland nicht beirren, die hinter dem Brunnen ein Plakat in die Höhe hält. „Salutiamo il Papa“ („Wir grüßen den Papst“) haben die Wallfahrer aus der Gemeinde Christus Erlöser aus München darauf drucken lassen.
Die Medienberichterstattung über Franziskus‘ Krankenhausaufenthalt hat die Gruppe verfolgt. Dass sie den Papst heute doch sehen werden, sei eine große Freude, sagt Kevin Kandathil. Auch dafür seien die Wallfahrer nach Rom gekommen.
12.00 Uhr, Franziskus erscheint am Fenster. Klatschen und Jubel wogt erneut durch die Menge. „Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag“, sagt der Papst auf Italienisch und bedankt sich gleich zu Beginn für die vielen Genesungswünsche und Gebete, die ihn in den vergangenen Tagen erreicht haben. „Diese menschliche und spirituelle Nähe war für mich eine große Hilfe und Trost“, so Franziskus. „Danke von Herzen.“
Drei Stunden dauerte die Operation am Bauch unter Vollnarkose. Bei seiner Entlassung am Freitag sah der 86-Jährige blasser und dünner aus als früher. Am Sonntag jedoch wirkt er präsent und energisch. An mehreren Stellen weicht er vom Redemanuskript ab und hebt Ausführungen besonders hervor. Wie schon direkt bei seiner Entlassung erinnert er an das jüngste Bootsunglück vor Griechenland, das ihn mit „großer Traurigkeit und viel Schmerz“ erfülle.
Dann ruft er zum Gebet für die „gequälte Ukraine“ auf. Das Thema wird ihn auch in der kommenden Woche beschäftigen. Am Dienstag steht eine Begegnung mit dem kubanischen Staatspräsidenten Miguel Diaz-Canel im päpstlichen Terminkalender, am Mittwoch trifft Franziskus den linken brasilianischen Präsidenten Lula da Silva. Beide haben spezielle Verbindungen nach Moskau und einen guten Draht zum Papst, der eine Friedensmission für die Ukraine ins Leben gerufen hat.
Trotz dieser Einzelbesuche scheint sich Franziskus noch etwas schonen zu wollen. Die Generalaudienz am kommenden Mittwoch ist jedenfalls abgesagt. Sein behandelnder Arzt Sergio Alfieri rät zu einer etwa einmonatigen Genesungszeit. „Wir können ihm nicht sagen, dass er nicht arbeiten soll, denn er hat schon wieder angefangen zu arbeiten“, sagte der Chirurg am Tag der Klinikentlassung dem Online-Portal Vatican News. „Er muss nicht im Bett liegen bleiben, ganz bestimmt nicht. Aber bei der Art von Eingriff, die vorgenommen wurde, sollte er bei Anstrengungen vorsichtig sein.“
Auf dem Petersplatz grüßt Franziskus schließlich verschiedene Pilgergruppen, die zum Angelus-Gebet gekommen sind, darunter die Gruppe aus München. Dann beendet er seinen rund 10-minütigen Auftritt mit den Worten „Bitte vergesst nicht für mich zu beten“. Die Wallfahrer packen ihr Plakat wieder ein, die Stimmung ist gut. Von einem ganz besonderen Moment und tiefen Worten des Papstes spricht Gemeindemitglied Kandathil. Ob sich das Warten unter der mittäglichen Sonne Roms gelohnt hat? „Gar keine Frage.“