Aus der Szene katholischer Reformgruppen und Unterstützer des Klägers im Traunsteiner Schmerzensgeldprozess kommen widersprüchliche Signale.
München/Traunstein – Aus der Szene katholischer Reformgruppen und Unterstützer des Klägers im Traunsteiner Schmerzensgeldprozess kommen widersprüchliche Signale. Am Donnerstag kritisierten mehrere Gruppen und Einzelpersonen, dass es nun wahrscheinlich zu einer Beweisaufnahme einschließlich eines gerichtlich angeordneten Gutachtens kommt.
„Leider wurde ein umfangreiches Privatgutachten, das die Klägeranwälte vorgelegt hatten und das die Auswirkungen des Missbrauchs auf die leidvolle Lebensentwicklung des Betroffenen aufzeigt, vom Gericht und seitens der Erzdiözese nicht akzeptiert“, heißt es in der Mitteilung von „Wir sind Kirche“, „Maria 2.0“, der „Initiative Sauerteig“ und anderen. Dadurch drohe eine Retraumatisierung des Klägers im Verfahrensfortgang.
Die Gruppen, die auch am Rande der ersten mündlichen Verhandlung am Dienstag in Traunstein eine Mahnwache abgehalten hatten, erklärten, solche Gerichtsverfahren sollten für Betroffene „so kurz wie möglich“ sein und mit einem guten Ergebnis für sie enden. An der Aktion war auch die „Initiative Sauerteig“ aus Garching an der Alz beteiligt, dem Tatort im Zusammenhang mit dem aktuellen Zivilprozess.
Vor dem Prozessbeginn hatte eine Sprecherin der Initiative mitgeteilt, es sollte „unbedingt zu einem Urteil kommen, denn ein Vergleich würde die Problematik wieder im Ungefähren belassen“.
Der Kläger will für aus einem einmaligen Missbrauch resultierende Schäden von der Erzdiözese München-Freising 300.000 Euro Schmerzensgeld. Das Landgericht gab zum Prozessauftakt keine Hinweise, ob diese oder eine andere Summe angemessen sein könnte. Daraufhin beantragte der Anwalt der Erzdiözese die Abweisung dieses Teils der Klage. Zugleich wiederholte er die grundsätzliche Bereitschaft der Kirche, für das erlittene Leid eine angemessene Zahlung zu leisten. Das Verfahren wird mit einem Beweisbeschluss des Gerichts am 14. Juli fortgesetzt.
Bei einem Vergleich hätte zwar der Kläger den Vorteil einer schnell fälligen Leistung gehabt. Für weitere denkbare Zivilprozesse anderer Missbrauchsopfer wäre die außergerichtliche Einigung aber nur von geringem Wert gewesen, weil sie nicht in die einschlägigen Schmerzensgeldtabellen eingeflossen wäre, an denen sich Gerichte in solchen Auseinandersetzungen orientieren.