Flüchtlingsforscherin warnt vor polemischen Debatten

In der aktuellen Asyldebatte hat die Osnabrücker Flüchtlingsforscherin Ulrike Krause vor zunehmender Polemik gewarnt.
Flüchtlingsforscherin warnt vor polemischen Debatten

Flüchtende Ukrainer an der Grenze zu Ungarn. –Foto: © Janossygergely | Dreamstime.com

In der aktuellen Asyldebatte hat die Osnabrücker Flüchtlingsforscherin Ulrike Krause vor zunehmender Polemik gewarnt. Eine “Das Boot ist voll”-Rhetorik, wonach die Kapazitätsgrenze für die Aufnahme von Geflüchteten in Deutschland längst erreicht sei, betrachte sie als “durchaus sehr gefährlich”, sagte Krause im Interview dem Kölner Portal domradio.de. Gerade vor wichtigen Wahlen, wie aktuell in Bayern und Hessen, werde beim Thema Flucht und Migration eine Debatte betrieben, “die polemisch wird, die einfach nur noch auf Klickzahlen und auf Aufmerksamkeit aus ist, aber nicht mehr auf eine ruhige, evidenzbasierte Diskussion gemeinsam mit der Gesellschaft”.

Derartige Äußerungen gehen laut Krause zudem nicht von den Kommunen selbst aus, sondern sind in erster Linie in den bundespolitischen Debatten zu hören. “Wenn auf Bundesebene darüber gesprochen wird, geht es immer wieder um Eingrenzung”, erklärte die Politologin. Stattdessen mahnte sie mehr Zusammenarbeit zwischen den Ebenen Bund, Länder und Kommunen an. “Wir sollten damit aufhören, eine ‘One fits all’-Solution umzusetzen, also eine Lösung, die vermeintlich in ganz Deutschland, in allen Kommunen funktioniert. Stattdessen sollten wir die jeweiligen Möglichkeiten und Grenzen berücksichtigen.”

Gleichzeitig widersprach die Wissenschaftlerin politischen Aussagen, wonach Deutschland zur Bewältigung der Krise vor allem “Pull-Faktoren” ausschalten und Deutschland so vermeintlich unattraktiv für Flüchtlinge machen müsse. Es stehe fest, dass Flüchtlinge “nicht vordergründig nach Deutschland kommen, um einen Zahnarztbesuch durchführen zu können, sondern dass Flucht aufgrund von Verfolgung, Gewalt und gewaltsamen Konflikten erst einmal für das eigene Überleben zentral ist”, betonte Krause. Zudem gingen 76 Prozent aller Asylsuchenden in Ländern des Globalen Südens zunächst in Nachbarstaaten, nur ein deutlich kleinerer Teil komme nach Europa.

Krause gehört zu einem Bündnis von 270 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die jüngst einen Menschenrechtspakt in der Flüchtlingspolitik gefordert haben. Damit solle zum einen an die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 erinnert werden. Diese werde erneut erfasst und konkretisiert. “Wir sollten uns daran erinnern, dass diese Rechte der geflüchteten Menschen bestehen”, so die Fluchtforscherin. Zum anderen solle die Gesellschaft stärker involviert werden, “damit diese gefährliche Mobilisierung der Menschen aufhört”.

kna