Kann man Weihnachten feiern, während in der Ukraine und in Israel die Bomben fallen? Münsters Bischof Genn hat eine Antwort. Und der rheinische Präses Latzel verrät, wie man auch im Kleinen für Frieden eintreten kann.
Bonn – Angesichts der Kämpfe in Israel und der Ukraine haben die Kirchen in Nordrhein-Westfalen an Weihnachten zu Frieden aufgerufen. Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki mahnte zu Gewaltlosigkeit. „Haben es die Mächtigen dieser Erde wirklich irgendwann einmal geschafft, die Not der Welt durch die Anwendung von Gewalt zu wenden?“, fragte der Erzbischof. „Wenn es auf unserer Erde irgendwo einmal besser geworden ist, dann deshalb, weil es Menschen gab, die geliebt haben.“ Diesen Weg habe Gott an Weihnachten beschritten.
Der katholische Essener Bischof Franz-Josef Overbeck mahnte in seiner Festpredigt den Schutz der Menschenwürde in Kriegen an. „Menschenfeindliche Ideologien sind zu bekämpfen, niemals aber der Mensch als Person“, heißt es im Manuskript. Christinnen und Christen dürften nie müde werden, klar für eine Ordnung des Friedens einzutreten, die sich auf den Schutz der Menschenwürde gründe.
Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Thorsten Latzel, appellierte in seiner Weihnachtspredigt, auch im Kleinen für Frieden einzutreten. „Gottes Frieden beginnt immer zuerst bei mir selbst.“ Er forderte dazu auf, gegen Hass und Gewalt zu protestieren, mutig gegen Antisemitismus und Fremdenhass einzuschreiten, sich für Flüchtlinge einzusetzen und sich für die Bewahrung der Schöpfung stark zu machen.
Der katholische Münsteraner Bischof Felix Genn ermutigte dazu, sich trotz der Kriege die Weihnachtsfreude nicht nehmen zu lassen. Das Fest setze gegenüber all dem Kriegstreiben die Botschaft der Wandlung, betonte er laut Pressestelle des Bistums Münster in seiner Weihnachtspredigt. „Wir vertrauen darauf, dass sie die größere Kraft behält, größer als alle Drohungen, als alle Zerstörungen, als all das unermessliche Leid.“
Ähnlich äußerte sich der Aachener Bischof Helmut Dieser. „Der Gott, der sich in diesem Kinde zeigt, lässt die dröhnend stampfenden Soldatenstiefel an ihr Ende kommen und verbrennt alle Blutfetzen des Krieges,“ heißt es im Manuskript seiner Festpredigt.
Der Übergangsleiter des katholischen Erzbistums Paderborn, Michael Bredeck, sagte in einer Videobotschaft: „Das Weihnachtsfest soll froh machen, gerade in einer Zeit, in der uns Kriege in der Ukraine und im Heiligen Land beschäftigen und wir in unserem Land Polarisierungen und viele gesellschaftliche Probleme spüren.“ Der Friede, den Jesus Christus durch seine Geburt bringe, und an den die Christen glaubten, hebe die großen Herausforderungen dieser Welt sicher nicht auf. „Aber er kann unsere innere Haltung zum Leben und zu allem Schönen und Schlimmen, das dazu gehört, verändern und prägen“, so Bredeck.
Nach Ansicht des kommissarische Leiter der Evangelischen Kirche von Westfalen, Ulf Schlüter, zeigt sich an Weihnachten Gottes „himmelweite, abgrundtiefe“ Liebe. „Über der heillosen Welt der Krisen und Katastrophen steht seitdem der Stern von Bethlehem“, so der Theologische Vizepräsident der Kirche in einer Videobotschaft.
Der Ausdruck „Krisenmodus“, der zum Wort des Jahres gekürt wurde, passe zur Zeit und leider auch zur Kirche. „Die Kirche ist so wenig heil wie die Welt. Schon weil es Menschen sind, die sie gestalten. Und dass die Krise keineswegs katholisch ist, haben die letzten Wochen ein für alle Mal gezeigt. Wir müssen uns den Krisen stellen.“ Schlüter leitet die Evangelischen Kirche von Westfalen nach dem Rücktritt von Annette Kurschus übergangsweise. Ihr wird vorgeworfen, über Vorwürfe sexuellen Fehlverhaltens gegen einen Kirchenmitarbeiter erfahren, diese aber nicht gemeldet zu haben.