Ein Mahnbrief aus Rom sorgte beim Treffen der deutschen Bischöfe für Spannung. Die Abstimmung über ein Gremium von Bischöfen und Laien wurde ausgesetzt. Doch die Versammlung ließ sich nicht aus dem Tritt bringen.
Verbindlich im Ton, aber unmissverständlich forderten sie den Vorsitzenden der Konferenz, den Limburger Bischof Georg Bätzing auf, eine entscheidende Abstimmung von der Tagesordnung zu nehmen: Die deutschen Bischöfe sollten nicht die Satzung des neuen Gremiums der Kirche in Deutschland genehmigen, das im November von Laien und Bischöfen gemeinsam gegründet worden war.
Zwar war nicht einmal klar, ob die Satzung überhaupt die erforderliche Zweidrittelmehrheit gefunden hätte. Doch zur Nagelprobe kam es nicht. Mit einem klaren Bekenntnis zur Einheit mit Rom nahm Bätzing die Abstimmung von der Tagesordnung. Stattdessen debattierten die Bischöfe darüber, wie es nach dem Bremssignal aus Rom weitergehen kann mit anderen Beratungswegen innerhalb der Kirche.
Am Ende der Beratungen, die nach Angaben von Teilnehmern zunächst „holprig“, dann aber mit breitem Konsens geführt wurden, stand eine Bischofskonferenz, die sich weder als Befehlsempfänger Roms noch als Getriebene des Zentralkomitees der deutschen Katholiken geriert. Man werde in Rom und mit den Vertretern des ZdK Gespräche führen, um Wege zu finden, wie die Reformbestrebungen in der Kirche zusammengeführt werden können, erklärte Bätzing.
Bislang hatte es so ausgesehen, als seien die weltkirchliche Öffnungs-Initiative des Papstes, die sogenannte Weltsynode in Rom, und der Synodale Weg der Deutschen zwei Züge, die bestenfalls auf parallelen Gleisen fuhren. Manche sahen sie sogar in einem unheilvollen Konfrontationskurs, der zur Kirchenspaltung geführt hätte. Es war der Wiener Kardinal Christoph Schönborn, der in einem Interview kurz vor Beginn der Augsburger Beratungen noch einmal dieses Drohwort in den Mund nahm.
Doch stattdessen versucht die Bischofskonferenz, wieder das Heft des Handelns in die Hand zu nehmen und das zusammenzuführen, was schon immer zusammen gehörte: den breiten, mitunter unscharf formulierten Reformimpuls des südamerikanischen Papstes für die Weltkirche und den gründlichen, manchmal auch übers Ziel hinausschießenden Reformeifer der deutschen Katholiken und ihrer Theologen.
Aber nicht nur in der innerkirchlichen Debatte präsentierte sich die Bischofskonferenz handlungsfähig. Zum ersten Mal seit langem gelang es ihr, mit einer Grundsatzerklärung zur Unvereinbarkeit von „völkisch-nationalen“ Positionen und dem christlichen Menschenbild für Aufmerksamkeit jenseits innerkirchlicher Debatten und Skandale zu sorgen.
Zwar geht der einstimmig verabschiedete Text nicht so weit, AfD-Mitgliedern die Vertreibung aus kirchlichen Gremien oder gar den Ausschluss aus der kirchlichen Gemeinschaft anzudrohen. Doch sind die Formulierungen eindeutig und nennen die AfD als Partei eben dieses Rechtsextremismus beim Namen. Da es auch in katholischen Pfarrgemeinden zahlreiche Anhänger und Wähler der AfD gibt, dürfte der Augsburger Abgrenzungsbeschluss noch für zahlreiche innerkirchliche Debatten auch auf lokaler Ebene sorgen.
Auch auf zwei anderen Feldern zeigte sich die Bischofskonferenz in neuer Handlungsfähigkeit: In einem Bischofswort zum Thema Pazifismus und Rüstung forderte sie die Bundesregierung auf, langfristig einen Weg aus dem System der atomaren Abschreckung zu suchen. Damit positionierten sich die Bischöfe gegen den Zeitgeist, der eher von Forderungen nach einer Verstärkung des atomaren Abschreckungspotenzials in Europa geprägt ist.
Und bei einem innerkirchlichen Thema, das wenig Schlagzeilen macht, wagten sich die deutschen Bischöfe ebenfalls weit vor: Als erste Bischofskonferenz weltweit haben sie die wichtigsten Texte der heiligen Messe in „einfache Sprache“ übersetzen lassen, die auch Menschen mit Behinderungen die Teilnahme am Gottesdienst erleichtern soll. Eine kleine, aber wichtige Reform, bei der Rom und die deutschen Bischöfe an einem Strang ziehen.