Kurz nach dem Jahrestag des Ukrainekriegs hat Bischof Dieser im Aachener Dom einen Gedenkgottesdienst gefeiert. Ein Problem sieht er vor allem in der Propaganda, die es laut Dieser nicht nur in Russland gibt.
Aachen – Gut zwei Jahre nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine hat der katholische Aachener Bischof Helmut Dieser vor der Macht der Propaganda gewarnt. „Sie hat die Macht, Menschen bei der Stange zu halten, an Ketten zu legen, ja dauerhaft gefangen zu nehmen“, sagte er am Montagabend bei einem Gedenkgottesdienst im Aachener Dom. Die Propaganda bediene sich immer ein und desselben Tricks und gebe anderen die Schuld. Diejenigen hingegen, die still unter der Propaganda und ihren Folgen leiden, würden übersehen, so Dieser. Den Gottesdienst feierte er zusammen mit dem ukrainischen Aachener Pfarrer Roman Horodetskyy.
„Solche Propaganda gibt es nicht nur in Russland, sondern überall und schon immer“, führte der Bischof aus. In Russland glaube eine große Mehrheit der Bevölkerung, dass der Westen schuld sei am Angriffskrieg gegen die Ukraine. Im Heiligen Land gebe es Propaganda gegen Israel und gegen die Juden, dass sie schuld an allem seien. Umgekehrt gebe es Propaganda gegen den Islam und gegen die Menschen in Palästina, dass sie schuld seien am Terror der Hamas.
Propaganda kann nach Worten Diesers in so aufgeladenen Zeiten wie heute jeden Menschen erwischen. Selbst Gott könne unter ihre Räder geraten. Das zeige die Propaganda des russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill, der den Angriffskrieg gegen die Ukraine mit dem Willen Gottes begründe.
„Wir brauchen eine Zuflucht, eine bessere, größere Wahrheit“, sagte der Bischof. „Vereinfachungen, Verdrehungen, Zuspitzungen und Lügen sind oft undurchschaubar und machen vor nichts Halt. Die größere Wahrheit muss uns schützen vor den Lügen, ohne dass wir sie ganz entlarven könnten. Sie muss so groß sein, dass wir nicht anfangen, die Lügen zu glauben und ihnen auf den Leim zu gehen.“
Niemand habe ein Recht, andere anzugreifen und sich für besser zu halten als sie, so Dieser. „Das aber ist und bleibt auch der entscheidende Unterschied zwischen einem Angriffskrieg und einem Verteidigungskrieg: Wer sich verteidigt, kämpft zuallererst um sein Überleben und das seines Landes. Wer angreift, will zuallererst das Leben der anderen vernichten und das angegriffene Land zerstören.“