CDU-Politiker haben scharfe Kritik der Kirchen am Kurs ihrer Partei in der Flüchtlingspolitik zurückgewiesen.
Berlin – CDU-Politiker haben scharfe Kritik der Kirchen am Kurs ihrer Partei in der Flüchtlingspolitik zurückgewiesen. Zuvor hatten die Flüchtlingsbeauftragten der beiden großen Kirchen, der katholischer Erzbischof Stefan Heße und der evangelische Bischof Christian Stäblein, die Pläne der CDU deutlich kritisiert.
Sie bezogen sich auf die Aussage im Entwurf des Grundsatzprogramms, dass jeder Asylbewerber in Europa in einen sicheren Drittstaat überführt und nach einem positiven Asylverfahren dort aufgenommen werden soll. Das Konzept ähnelt dem hoch umstrittenen „Ruanda-Modell“, das die britische Regierung durchsetzen will. Zugleich will die CDU, dass die EU-Staaten jährlich ein Kontingent schutzbedürftiger Menschen aus dem Ausland aufnehmen; diese Flüchtlinge sollen auf die beteiligten Staaten verteilt werden.
Bischöfe verlieren sich „im Dickicht der Tagespolitik“
Der kirchenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Thomas Rachel (CDU), sagte am Montag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), eine bessere Steuerung des Zuzugs nach Deutschland sei „die Grundvoraussetzung dafür, denen, die wirklich in Not sind, helfen zu können und unserem christlichen Auftrag damit gerecht zu werden“. Das heutige System sorge nicht nur für Überforderung der Kommunen, sondern nutze vornehmlich den Starken. „Die CDU wirbt für ein Asylsystem, das im Sinne des christlichen Menschenbildes Humanität und Ordnung in Einklang bringen will.“
Rachel ergänzte: „Wer die Überforderung der Kommunen nicht ernst nimmt und effektiv dagegen wirkt, verspielt die notwendige Akzeptanz der hilfsbereiten deutschen Bevölkerung und nimmt eine Zunahme der gesellschaftlichen Spannungen in Kauf.“ Mit Blick auf die Kritik der beiden Bischöfe in der „Welt am Sonntag“ sagte er: „Wenn man einen Namensartikel direkt vor dem Bundesparteitag einer Partei platziert, begibt man sich in die Gefahr, sich im Dickicht der Tagespolitik zu verlieren.“
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann erklärte im ARD-„Morgenmagazin“, die Pläne der CDU seien „christlich“. Die CDU wolle, dass man Menschen über Kontingente aufnehme – die Menschen sollten dabei etwa von den Vereinten Nationen ausgesucht werden. „Ich bin mir sicher, wenn wir Kontingente machen, dass dann wirklich diejenigen kommen, die unsere Unterstützung brauchen: Frauen, Kinder und viele andere. Deswegen ist das eher Humanität, was wir zeigen“, sagte Linnemann.
Protest von über 700 Theologen
Heße und Stäblein hatten der CDU einen radikalen Bruch mit ihrem humanitären Erbe im Flüchtlingsschutz vorgeworfen. „Wer sich am christlichen Menschenbild orientiert, darf den individuellen Zugang zum Flüchtlingsschutz in Europa nicht abschaffen“, schrieben sie. „Das individuelle Recht auf Asyl, wie es in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und im Grundgesetz festgeschrieben ist, würde in Deutschland de facto abgeschafft, da hier keine Prüfung der Schutzbedürftigkeit mehr stattfände.“
Am frühen Morgen hatten zudem Unterstützer von mehr als 700 Pfarrerinnen und Pfarrern sowie Theologinnen und Theologen eine Botschaft auf das Tagungshotel des Parteitags projiziert. Darin bezeichneten sie die CDU als „unchristlich“ und verwiesen auf die Verpflichtung der Bibel, Vertriebene und Flüchtlinge zu schützen.