Der Umgang mit sexuellem Missbrauch sorgt für Streit zwischen dem katholischen Bistum Hildesheim und einem Priester.
Hildesheim – Der Umgang mit sexuellem Missbrauch sorgt für Streit zwischen dem katholischen Bistum Hildesheim und einem Priester. Der Wolfenbütteler Pfarrer Matthias Eggers hatte Bischof Heiner Wilmer kürzlich in einem Zeitungsinterview mangelnden Willen zur Missbrauchsaufarbeitung vorgeworfen. Nun wurde bekannt, dass Wilmer dem Pfarrer nahegelegt hat, auf sein Amt zu verzichten. Das sorgt für Proteste und Solidaritätskundgebungen in der Sankt-Petrus-Pfarrei in Wolfenbüttel. Auch Vertreter von Missbrauchsbetroffenen erklären sich mit dem Pfarrer solidarisch.
Laut dem Bistum steht die Bitte um Amtsverzicht nicht im Zusammenhang mit der Kritik des Pfarrers. Eggers sei in einem Personalgespräch am 23. Mai gebeten worden, auf seine Aufgabe als Pfarrer freiwillig zu verzichten, um zukünftig als Priester und Seelsorger ohne Leitungsamt wirken zu können, bestätigte ein Bistumssprecher auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Die Einladung zum Personalgespräch habe Eggers jedoch erhalten, bevor das Interview erschienen sei.
Eggers sei seit 2006 Pfarrer in Wolfenbüttel, so der Sprecher. In der Regel wechselten Pfarrer nach zehn bis zwölf Jahren ihren Einsatzort. Das sei auch mit Eggers seit mehreren Jahren im Gespräch. „Bisher haben wir da noch keine Lösung finden können, auch weil Pfarrer Eggers die ihm angebotenen Stellen nicht zugesagt haben.“ Sein Wechsel sei „überfällig“.
Der Bischof hat Eggers laut dem Sprecher 15 Tage Bedenkzeit eingeräumt. Den in Medienberichten geäußerten Vorwurf, Wilmer habe mit einem Amtsenthebungsverfahren gedroht, wies er zurück.
In einem Interview mit der „Hildesheimer Allgemeinen Zeitung“ vom 18. Mai hatte Eggers dem Bischof vorgeworfen, nachlässig in der Missbrauchsaufarbeitung zu sein und selbstgesteckte Ziele nicht einzuhalten. „Es gibt überall viele schöne Worte, aber immer nur so viele Taten, bis die Öffentlichkeit das Interesse verliert.“ Eggers hielt Wilmer vor, seiner eigenen Ankündigung, bei der Aufarbeitung jeden Stein umdrehen zu wollen, nicht gerecht zu werden.
Die Diözese bemüht sich nach eigener Darstellung, angemessene Aufarbeitung zu betreiben. 2017 und 2021 seien externe Aufarbeitungsstudien veröffentlicht worden, eine weitere Studie werde derzeit vorbereitet, so der Bistumssprecher. Zudem gebe es seit 2012 einen Präventionsbeauftragten und mittlerweile eine eigene Stabsabteilung für Prävention, Intervention und Aufarbeitung. „Pfarrer Eggers kennt diese Fakten. Aber er verbleibt auf einer Ebene der emotional getriebenen Pauschalkritik. Das ist schlicht unfair, in Hinblick darauf, was im Bistum bei der Aufarbeitung geleistet wird.“
Der Betroffenenrat der Bistümer Hildesheim, Hamburg und Osnabrück teilte mit, Eggers werde von Missbrauchsbetroffenen als Seelsorger sehr geschätzt. Das Gremium rief den Bischof auf, sein „Ultimatum“ zur Versetzung zu überdenken. Auch die Berliner Betroffeneninitiative „Eckiger Tisch“ äußerte sich: „Wir fordern den Bischof auf, seine Drohungen zurückzunehmen und stattdessen selbstkritisch zu prüfen, wo mehr Anstrengungen notwendig sind“, so Sprecher Matthias Katsch.