Wie aus dem am Mittwoch veröffentlichten Jahresbericht zum Thema Todesstrafe hervorgeht wurden laut Amnesty International 2023 weltweit so viele Menschen hingerichtet wie zuletzt 2015.
Berlin – 2023 wurden laut Amnesty International weltweit so viele Menschen hingerichtet wie zuletzt 2015. Die Menschenrechtsorganisation dokumentierte mindestens 1.153 vollstreckte Todesurteile, wie aus ihrem am Mittwoch veröffentlichten Jahresbericht zum Thema Todesstrafe hervorgeht. Das bedeutete einen Anstieg von 31 Prozent gegenüber 2022. Zugleich sank demnach die Zahl der Staaten, die Hinrichtungen durchführten, auf einen historischen Tiefststand.
Mit 853 entfielen fast drei Viertel der dokumentierten Hinrichtungen auf den Iran. Dies seien fast 50 Prozent mehr gewesen als 2022. Unverhältnismäßig oft seien Angehörige der ethnischen Minderheit der Belutschen hingerichtet worden. In mehr als 60 Prozent der dokumentierten Fälle sei es um Taten wie Drogendelikte gegangen, die nach internationalem Recht nicht mit der Todesstrafe geahndet werden dürften. Amnesty hatte bereits im April einen Einzelbericht zum Anstieg im Iran veröffentlicht.
Nur ein Land mit belegten Enthauptungen
Auf Saudi-Arabien entfielen mit 172 rund 15 Prozent der dokumentierten Hinrichtungen – etwas weniger als im Vorjahr. Dabei sei das Land das einzige gewesen, in dem Menschen enthauptet wurden. Todesurteilen seien unfaire Verfahren vorausgegangen und „Geständnisse“ durch Folter erpresst worden, kritisiert Amnesty. Ein Mann sei lediglich für regierungskritische Social-Media-Posts zum Tode verurteilt worden.
Wie der Iran vollstreckten auch Somalia (38) und die USA (24) laut Amnesty mehr Todesurteile. Die Zahl der weltweit neu verhängten Todesstrafen stieg derweil gegenüber dem Vorjahr um 20 Prozent auf 2.428 – und verteilte sich auf 52 Länder. Weltweit seien Ende 2023 mindestens 27.687 Menschen zum Tode verurteilt gewesen.
Weniger Länder, aber große Lücke
Ein positiver Trend zeigte sich hingegen bei der Zahl der Länder, die Hinrichtungen durchführten. Mit 16 sank diese auf den niedrigsten Stand, den Amnesty International je verzeichnet hat. In Belarus, Japan, Myanmar und Südsudan, die 2022 noch Todesurteile vollstreckt hatten, wurden 2023 keine Hinrichtungen dokumentiert. Bislang haben laut Amnesty 144 Länder die Todesstrafe per Gesetz (112) oder in der Praxis (32) abgeschafft.
Allerdings weist der aktuelle Bericht erneut große Lücken auf: Aus Gründen von staatlicher Geheimhaltung enthält er keine näheren Angaben zu China, Nordkorea und Vietnam. In allen Ländern geht Amnesty aber von vielen Hinrichtungen aus. Allein in China könnten es Tausende sein, heißt es.
Amnesty setzt sich für die vollständige Abschaffung der Todesstrafe ein, da sie als vorsätzliche Tötung von Menschen durch den Staat gegen das Recht auf Leben und gegen das Verbot der Folter verstoße.