Die Kirche und Christen müssen sich nach Ansicht des Berliner katholischen Erzbischofs Heiner Koch stärker in die intellektuellen Debatten einbringen.
Erfurt – Die Kirche und Christen müssen sich nach Ansicht des Berliner katholischen Erzbischofs Heiner Koch stärker in die intellektuellen Debatten einbringen. „Wir brauchen gläubige Menschen, die kritisch, wach, einladend und intellektuell redlich in die Debatten gehen“, sagte er am Freitag beim Katholikentag in Erfurt. Es sei anstrengend, aber lohnend.
Er erlebe in Diskussionen mit Nicht-Christen zu unterschiedlichsten Themen immer wieder durchaus Respekt für den Glauben, fügte der Erzbischof hinzu. Zugleich müsse sich Kirche selbstkritisch fragen: „Lösen wir bei den Menschen noch Resonanz aus?“ Kirche dürfe niemals zum geschlossenen Verein werden.
Der Soziologe Hartmut Rosa merkte kritisch an, dass oft von den Kirchen erwartet werde, zu allen möglichen gesellschaftlichen Streitthemen Stellung zu beziehen: „Aber wieso sollten die Christen es immer besser wissen?“ Seines Erachtens sei etwas anderes wichtiger: „Kirche sollte in den zunehmenden Konflikten, wo man dem Gegenüber oft für seine Ansichten das Menschsein abspricht, die Übersetzungsleistung hinkriegen, dass Reden wieder möglich wird zwischen unterschiedlichen Positionen.“ Kirche sollte dafür gezielt Räume öffnen.
Religion und Glaube durchbrechen nach Ansicht der früheren Thüringer CDU-Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht auch das Hamsterrad von Höher, Schneller, Weiter, in dem sich viele Menschen gefangen fühlten. Es sei hilfreich, sich bewusst zu machen, dass man nicht alles schaffen könne und sich in der Welt auch nicht alles durch Menschen zum Guten wenden lasse, sagte die protestantische Theologin.
„Trotzdem können und sollten wir uns nach bestem Wissen und Gewissen einsetzen, dass die Welt besser wird.“ Lieberknecht verwies darauf: „So viele Bedürfnisse, die die Gesellschaft aktuell umtreiben, das Bedürfnis nach Trost, nach Gemeinschaft – das sind doch unsere ureigensten Themen als Christen.“ Da sollte sich Kirche stärker mit Angeboten einbringen.