Hunderte bei interreligiösem Friedensmarsch durch Jerusalem

Aus der Stadt des Friedens für den Frieden: Hunderte Menschen verschiedener Religionen wollten am Montag Jerusalem nicht den Kriegstreibern überlassen. Gemeinsam beteten und sangen sie. Für viele ein Hoffnungszeichen.
Aus der Stadt des Friedens für den Frieden: Hunderte Menschen verschiedener Religionen wollten am Montag Jerusalem nicht den Kriegstreibern überlassen. Gemeinsam beteten und sangen sie. Für viele ein Hoffnungszeichen.

(Symbolfoto: Tom Tihanyi/Pixabay)

Für Frieden und Menschenrechte sind am Montagnachmittag mehrere Hundert Menschen verschiedener Religionen durch Jerusalem gezogen. Mit dem Zug durch die Stadt, „aus der die Welt geschaffen wurde und die eine Stadt der Gerechtigkeit und des Friedens“ sein sollte, wolle man „in dieser schmerzhaften Zeit die Worte Gottes mit lauter und entschlossener Stimme verkünden“, sagte Rabbinerin Leah Schakdiel zum Abschluss des Zugs vor dem Jaffator zur Jerusalemer Altstadt.

„Frieden, Gleichheit und Gerechtigkeit für alle Menschen zwischen dem Fluss und der See“, gab sie dem oft von Radikalen auf beiden Seiten des Nahostkonflikts missbrauchten Slogan „From the River to the Sea“ eine erstrebenswertere Bedeutung. Der interreligiöse Friedensmarsch inmitten des seit fast acht Monaten dauernden Gaza-Kriegs ist auch eine Gegenveranstaltung zum israelisch-nationalistischen Flaggenumzug rechter Organisatoren am Mittwoch, bei dem es regelmäßig zu rassistischer Gewalt kommt.

Zum Auftakt der von den „Rabbinern für Menschenrechte“ initiierten Veranstaltung hatten sich die Teilnehmer zu gemeinsamen Gebeten im Herzen der Westjerusalemer Fußgängerzone versammelt. Am Rathaus und entlang der westlichen Altstadtmauer ging es dann weiter zum Jaffator, ganz ohne Fahnen, dafür mit bekannten Friedensliedern wie „Od javo schalom aleinu“ (Noch wird Friede über uns kommen) auf den Lippen. Rabbinerinnen, Imame, Priester und Scheichs wechselten sich ab in ihren Forderungen nach einem anderen, besseren Weg aus dem Konflikt als Krieg. Ob auf Hebräisch oder Arabisch, ein jeder und eine jede erntete den Applaus der Versammelten aus mindestens fünf Religionen.

Nach Monaten des Krieges mit zu vielen unschuldigen Opfern scheine ein gemeinsamer Umzug „beängstigend, ja fast gefährlich“, erklärte der Rabbiner der reformjüdischen Jerusalemer Gemeinde „Kol HaNeschama“, Oded Mazor. Dennoch sei es der einzige Weg, und er müsse gemeinsam gegangen werden. „Von Jerusalem muss ein großer Ruf nach Frieden kommen, der aus dem Blickkontakt entsteht“, so Mazor.

Freiheit, Frieden, Gleichheit und Gerechtigkeit waren die verbindenden Themen der Reden, Gebete und Gesänge. Man müsse sich auf das Gemeinsame konzentrieren, statt das Trennende zu betonen, sagte Drusen-Scheich Junis Amascha der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Den langen Weg vom Karmelgebirge in Nordisrael „und drei Stunden Stau“ hat er auf sich genommen, um Solidarität mit „diesem Forum für den Frieden“ zu zeigen, entsprechend dem Geist des Drusentums als „Brücke zum Frieden“. Glaube müsse zusammenbringen, statt zu spalten, so Amascha.

„Im Heiligen Land gibt es derzeit nicht gerade viele, die noch Zuversicht auf Frieden haben, aber von denen sind viele hier.“ An ihrer Seite wolle man stehen, begründete der Propst der evangelischen Erlöserkirche in Jerusalem, Joachim Lenz, seine Teilnahme. Man dürfe die Heilige Stadt nicht denen überlassen, die keinen Frieden wollen. Betet für den Frieden von Jerusalem, der sechste Vers des Psalms 122, der an diesem Nachmittag einige Male gesprochen wird, steht eingraviert auf dem Brustkreuz des rheinischen Theologen.

Lenz will besonders auch die einheimischen Christen unterstützen. Als Christ aus dem Ausland treffe ihn der Vorwurf der „Normalisierung“, wie er manchmal gegen Palästinenser vorgebracht werde, die trotz des anhaltenden Konflikts mit Israelis zusammenarbeiten, weniger hart.

Für den bekannten britisch-israelischen Rabbiner David Rosen steht die Zusammenkunft für das „interreligiöse Engagement für Frieden“. Ihre zweite Auflage, diesmal mit deutlich größerer Beteiligung als im Vorjahr, sei „ein Zeichen der Hoffnung in harten Zeiten“, sagte er KNA.

„Hoffnung ist ein Tun“, warb Friedensaktivist Maoz Inon, dessen Eltern am 7. Oktober von Hamas-Terroristen ermordet wurden. Genau das sei es, was sie mit diesem Marsch gemeinsam täten: der Hoffnung Handlung verleihen.

Das letzte Wort der Hoffnung an diesem Nachmittag hatte ein Lied des jüdisch-christlich-muslimischen „Jerusalemer Jugendchors“: „Aber wir werden den Sonnenaufgang sehen. Diese Dunkelheit kann nicht andauern“, heißt es darin. „Wir leben in den Kriegen. Wir fühlen den Schmerz des anderen. Deinetwegen weiß ich, dass wir einen anderen Weg wählen müssen.“

Von Andrea Krogmann (KNA)