Bundesregierung bereitet Aufnahme von Ukraine-Kriegsopfern vor

Die Bundesregierung bereitet sich darauf vor, verletzte und kranke Ukraine-Flüchtlinge auf Krankenhäuser im gesamten Bundesgebiet zu verteilen.
Berlin – Die Bundesregierung bereitet sich darauf vor, verletzte und kranke Ukraine-Flüchtlinge auf Krankenhäuser im gesamten Bundesgebiet zu verteilen. "Zu den Verwundeten des Krieges kommen noch diejenigen, die ihre medizinische Versorgung verlieren", sagte Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag). Dazu zählten Krebspatienten oder Dialyse-Patienten.

Menschen suchen am 25.. Februar Zuflucht in der Metro von Kiew –Foto: © Palinchak | Dreamstime.com

Die Bundesregierung bereitet sich darauf vor, verletzte und kranke Ukraine-Flüchtlinge auf Krankenhäuser im gesamten Bundesgebiet zu verteilen. “Zu den Verwundeten des Krieges kommen noch diejenigen, die ihre medizinische Versorgung verlieren”, sagte Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag). Dazu zählten Krebspatienten oder Dialyse-Patienten.

“Weil wir mit sehr vielen Fällen rechnen, werden wir die Menschen auf die Bundesländer verteilen. Das wäre sinnvoll nach demselben Kleeblatt-Prinzip, mit dem wir auch Covid-Patienten versorgt haben”, so der Minister. Die Krankenhausgesellschaft und die Ärzteschaft hätten ihre Hilfe zugesichert. Die Lage der Menschen in der Ukraine sei jetzt schon schrecklich, werde aber noch schlimmer werden, sagte Lauterbach. “Putins Strategie läuft darauf hinaus, auch die medizinische Infrastruktur zu zerschlagen

Helfer warnen vor Versorgungsengpässen in der Ukraine

Das Welternährungsprogramm (WFP) der Vereinten Nationen ist besorgt über die Versorgungslage der Zivilbevölkerung in der Ukraine. “Die Lage für die Menschen in der Ukraine hat sich durch die erbitterten Kämpfe dramatisch zugespitzt”, sagte Martin Frick, Direktor des WFP in Deutschland, den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag). Die Menschen würden in Kellern ausharren und könnten nur unter größter Gefahr Besorgungen machen. “Gerade aus Kiew und Charkiw erreichen uns Berichte, dass Nahrungsmittel ausgehen und Trinkwasser knapp wird”, sagte Frick.

Die Priorität der UN-Organisation sei es jetzt, Versorgungswege nach Kiew und in die Epizentren des Konflikt zu etablieren, bevor die Kämpfe weiter eskalieren. Das WFP baue seine Präsenz in der ganzen Region aus, sagte Frick, “aber es ist ein Wettlauf gegen die Zeit.” Ein internationales Team sei bereits in der Ukraine und den Nachbarstaaten, um Hilfe zu koordinieren. LKWs mit 400 Tonnen Nahrungsmitteln seien aus der Türkei unterwegs. “Kampfhandlungen und Fluchtbewegungen im ganzen Land machen die Lage aber auch für Helferinnen und Helfer unübersichtlich”, so der Vertreter des Welternährungsprogramms in Deutschland.

Lauterbach: Kriege prägen Kinder für ihr ganzes Leben

Vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) besonders auf die lebenslangen Folgen für Kinder hingewiesen. “Meine Mutter und mein Vater haben als Kinder unter dem Krieg unfassbar gelitten. Das hat ihr Leben geprägt. Mein Vater hat die Bombardierung seiner Heimatstadt Düren in Alpträumen immer wieder durchlebt”, sagte Lauterbach den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag).

Über die Erinnerungen seiner 87-Jahre alten Mutter an den Zweiten Weltkrieg sagte Lauterbach: “Für Menschen wie meine Mutter, die den Zweiten Weltkrieg noch erlebt hat, ist das bestürzend.” Und weiter: “Sie hätte nicht gedacht, dass so etwas noch einmal kommt. Es war unvorstellbar für sie. Für mich allerdings auch.” Solche Traumata drohten nun auch den Kindern in der Ukraine, so der Politiker. “Putin ist ein Verbrecher, der die Kindheit einer ganzen Generation zerstört.”

 

Experte: Bis zu zehn Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine

Migrationsforscher Gerald Knaus hält es für möglich, dass insgesamt zehn Millionen Menschen aus der Ukraine flüchten werden. “Putins Kriegsführung in Tschetschenien hat dazu geführt, dass ein Viertel der Tschetschenen vertrieben worden sind. Darauf müssen wir uns einstellen”, sagte Knaus dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Samstag). “Ein Viertel der Ukrainer entspräche zehn Millionen Menschen. Das ist bei der aktuellen Dynamik durchaus möglich, sollte der Krieg so weitergehen.”

Wenn man sich Wladimir Putins Kriegsführung in der Vergangenheit anschaue, könne man Vorstellungen von Flüchtlingszahlen erhalten. “In einer Woche haben schon so viele Menschen die EU erreicht wie im gesamten Bosnienkrieg”, betonte Knaus. “Diese Geschwindigkeit zeigt, dass wir in Europa vor der schnellsten und größten Flüchtlingskatastrophe seit dem Zweiten Weltkrieg stehen.”

Die Europäische Union setze darauf, dass ein Großteil der Ukrainer sich selbst in die Länder verteile, wo sie Kontakte hätten. “Darüber hinaus wird es aber viele Menschen geben, denen man beim Ankommen helfen muss”, sagte Knaus. “Eine große Zahl wird nach Deutschland kommen, weil Deutschland 2015 bereits Erfahrung mit vielen Flüchtlingsaufnahmen gemacht hat. Andere Staaten, darunter Polen, haben das nicht.”

Umfrage: Jeder Vierte hat für Menschen in Ukraine gespendet

Laut einer aktuellen Umfrage hat jeder Vierte (25 Prozent) in Deutschland schon durch Geldspenden die Menschen in der Ukraine unterstützt. 16 Prozent gaben in einer repräsentativen forsa-Umfrage für RTL und ntv an, mit Sachspenden – etwa Kleidung oder Medikamente – ihre Solidarität ausgedrückt zu haben. 14 Prozent haben demnach an Aktionen in den sozialen Medien und 7 Prozent an Demonstrationen teilgenommen. 5 Prozent haben eine Unterkunftsmöglichkeit für Geflüchtete bereitgestellt oder angeboten. 47 Prozent gaben an, sich bisher noch nicht für die Menschen in der Ukraine engagiert zu haben. Eine große Mehrheit der Befragten (87 Prozent) begrüßte es, dass Deutschland Geflüchtete aus der Ukraine derzeit ohne weiteres aufnimmt.

Bei 86 Prozent war der Krieg in der Ukraine schon Gesprächsthema in der Familie. 77 Prozent haben sich darüber mit Freunden oder Freundinnen unterhalten und 49 Prozent mit Kolleginnen oder Kollegen. Nur sehr wenige (2 Prozent) haben bisher mit niemanden über den Krieg gesprochen. Vorbehalte gegen russische Staatsbürger in Deutschland wegen des Krieges können 12 Prozent der Befragten verstehen, während 83 Prozent dafür kein Verständnis zeigen.

Deutschland und die EU sollten auf Lieferungen von Gas, Öl und Steinkohle aus Russland verzichten

Lediglich eine Minderheit von 21 Prozent geht der Umfrage zufolge davon aus, dass der Krieg innerhalb der nächsten vier Wochen zu Ende sein wird. Ein knappes Drittel (32 Prozent) fürchtet, dass Russland nach der Ukraine auch weitere osteuropäische Staaten, die zur NATO gehören, angreifen könnte. Die Mehrheit (56 Prozent) teilt diese Befürchtung nicht.

Dass Deutschland die Ukraine mit Waffenlieferungen unterstützt, erhöht nach Ansicht von 46 Prozent der Befragten die Gefahr, dass Deutschland militärisch in den Konflikt hineingezogen werden könnte. Eine Mehrheit (61 Prozent) der befragten Bundesbürger ist dafür, dass Deutschland und die EU auf Lieferungen von Gas, Öl und Steinkohle aus Russland verzichten, auch wenn dies zu höheren Preisen führen wird. Ein Viertel (25 Prozent) spricht sich gegen einen Verzicht auf Energielieferungen aus Russland aus. Im Auftrag von RTL und ntv hat das Meinungsforschungsinstitut forsa den Angaben zufolge am Donnerstag und Freitag 1.003 Bundesbürger befragt.

rwm/kna

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