Betroffenensprecher wirft Erzbistum Paderborn Vertuschung vor

Ein verurteilter Missbrauchstäter wurde nach seiner Haftstrafe in mehreren Gemeinden des Erzbistums als Priester eingesetzt. Ein Betroffenensprecher kritisiert nun das zuständige Erzbistum scharf.
Ein verurteilter Missbrauchstäter wurde nach seiner Haftstrafe in mehreren Gemeinden des Erzbistums als Priester eingesetzt. Ein Betroffenensprecher kritisiert nun das zuständige Erzbistum scharf.

(Foto: pixabay)

Der Sprecher der unabhängigen Vertretung von Missbrauchsbetroffenen im Erzbistum Paderborn wirft der Erzdiözese Vertuschung sexuellen Missbrauchs vor. Der Fall um den verurteilten Pfarrer und Missbrauchstäter N. sei „systematisch in Kenntnis der Dinge“ nicht an die Öffentlichkeit gegeben worden, kritisierte Reinhold Harnisch im Interview mit der Westfalenpost (Freitag). In Sachen Missbrauchsaufarbeitung könne Harnisch keine eigenen Beiträge des Erzbistums erkennen; die Arbeit werde Gutachten, unabhängigen Kommissionen und Betroffenenbeiräten überlassen. Auch seien das Tempo zu langsam und der Personaleinsatz zu gering.

Harnisch begrüßte es allerdings, dass das Erzbistum den Fall nun öffentlich gemacht hat: „Es darf aufgrund der bekannten Vertuschungen und Verleugnungen keinen Täterschutz mehr geben.“ Das Erzbistum Paderborn veröffentlichte Ende Mai Informationen zu dem Fall und informierte am Donnerstag in einer Gemeindeversammlung in Arnsberg darüber.

Der 2016 dort verstorbene Priester war zunächst im Bistum Aachen tätig gewesen. Laut Erzbistum Paderborn wurde er 1969 wegen „Unzucht an minderjährigen Jugendlichen“ zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt. Nach der Haftentlassung habe das Bistum Aachen das Erzbistum Paderborn gebeten, den Priester auf dessen Gebiet einzusetzen. Fachgutachten seien nach Bistumsangaben damals zu dem Schluss gekommen, dass bei einem zukünftigen Einsatz keine weiteren sexuellen Ausfälligkeiten zu erwarten seien.

In den folgenden Jahrzehnten war der Geistliche laut Erzbistum in Peckelsheim und dem damaligen Dekanat Gehrden im Einsatz, sowie folgend in Letmathe, Rüthen und Arnsberg. Dorthin sei er 1991 versetzt worden, nachdem der damalige Paderborner Erzbischof Johannes Degenhardt Hinweise hatte, dass der Beschuldigte sexuelle Kontakte zu einem Jugendlichen unterhalte. Laut Erzbistum seien die jeweiligen Gemeindepfarrer nicht über die Vorgeschichte des Geistlichen informiert worden. Aus seiner Zeit im Erzbistum Paderborn sind bisher vier Vorwürfe von Kindesmissbrauch bekannt.

Das Erzbistum bat auf seiner Homepage darum, dass sich mögliche weitere Betroffene oder Personen mit aufklärungsrelevanten Informationen bei den unabhängigen Ansprechpersonen oder der Interventionsstelle des Erzbistums melden.

kna