Zum 30. Jahrestag der Abschaffung des Paragrafen 175 hat das Zentralkomitee der Katholiken (ZdK) seine Mitschuld an der Diskriminierung Homosexueller bedauert.
Bonn – Zum 30. Jahrestag der Abschaffung des Paragrafen 175 hat das Zentralkomitee der Katholiken (ZdK) seine Mitschuld an der Diskriminierung Homosexueller bedauert. „Verurteilte Männer und jene, die des homosexuellen Lebens beschuldigt wurden, aber auch lesbische Frauen wurden an kirchlichem Engagement und beruflicher Tätigkeit in der Kirche gehindert,“ sagte die ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp am Dienstag in Berlin.
Die Vergangenheit ließe sich nicht ungeschehen machen, umso wichtiger sei es, die Abschaffung des Strafrechtsparagrafen 175 zu würdigen. Der sogenannte „Schwulen-Paragraf“ stellte bis 1969 sexuelle Handlungen zwischen erwachsenen Männern unter Strafe. Erst 1994 beschloss der Bundestag die endgültige Streichung des Paragrafen. Auch 30 Jahre danach sei es wichtig und nötig, dass Christen sich entschieden gegen Queerfeindlichkeit einsetzten.“ Wir alle müssen daran mitwirken, dass die Kirche ein sicherer und heimatlicher Ort für queere Menschen ist“, so Stetter-Karp.
Für den Theologen Andreas Heek ist es ein Skandal, dass es den Paragrafen 175 überhaupt so lange gab. Seine Abschaffung sei von der katholischen Kirche nahezu still übergangen worden. „Das wollen und müssen wir thematisieren“, sagte Heek in einem Interview auf der Plattform katholisch.de. Unter anderem wurde die Ökumenische Initiative „Homosexuelle und Kirche“ bis in die 1990er-Jahre von Katholikentagen ausgeschlossen.
Heek ist Geschäftsführer des Forums katholischer Männer (FkM). Der FkM ist Mitglied im Zentralkomitee und hatte bei der Frühjahrsvollversammlung des Dachverbandes eine Beschlussvorlage zu dem Thema eingebracht. Unter Federführung der Kommission für Zeitgeschichte in Bonn soll eine Studie initiiert werden zur Erforschung der Beteiligung der katholischen Kirche an der Aufrechterhaltung des Strafrechtsparagrafen 175.
Beim Umgang der katholischen Kirche mit Homosexualität hat laut Heek letztlich die Ausbreitung von Aids in den 1980er-Jahren eine wichtige Rolle gespielt. „Die Krankenhausseelsorgerinnen und -seelsorger auf den Aids-Stationen waren damals die ersten Homosexuellen-Seelsorger“, sagte Heek. „Sie haben sich an die Betten der sterbenden Männer gesetzt und ihnen beigestanden, sofern diese das wollten.“ Die Seelsorger seien „die ersten, die wirklich gezeigt haben, dass sie an der Seite von Homosexuellen stehen“.
Ein zweiter entscheidender Punkt sei die Selbstorganisation von Homosexuellen gewesen, so Heek weiter. „Sie haben immer wieder versucht, mit der Kirche in Kontakt zu treten. Sie haben nicht nachgelassen in dem Wunsch, eigene Gottesdienste zu feiern, sich selbst zu vergewissern – und hatten in einigen Diözesen teilweise auch Erfolg.“ Dadurch seien dann auch die Laienverbände nachdenklich geworden.