Fachtagung: Antisemitismus bedroht Grundordnung

Auf einer Fachtagung in der Alten Synagoge Essen tauschten sich Expertinnen und Experten über „Antisemitismus als Brückenphänomen“ aus.
Fachtagung: Antisemitismus bedroht Grundordnung

Die Alte Synagoge in Essen. Foto: Boris Breytman | Dreamstime.com

In der Tagungsreihe „Delegitimierte Demokratie“ hat die Landeszentrale für politische Bildung aus aktuellem Anlass das Thema Antisemitismus in den Mittelpunkt gerückt. Bei der dritten Ausgabe dieser Fachtagung tauschten sich Expertinnen und Experten über „Antisemitismus als Brückenphänomen“ aus. Damit ist gemeint, dass sich inzwischen unterschiedliche extremistische Strömungen unter dem Begriff Antisemitismus versammeln, um die demokratische Grundordnung in Deutschland zu bekämpfen.

Wie das Landesministerium für Kultur und Wissenschaft mitteilte, kamen zu der Fachtagung am 10. Oktober in der Alten Synagoge Essen zahlreiche Experten für Antisemitismus, Betroffene und Fachleute für Prävention zusammen, um ihre Erfahrungen und Perspektiven zu alten und neuen Formen des Antisemitismus zu teilen. Organisiert wurde die Fachtagung von der Landeszentrale für politische Bildung und Kooperation mit dem Ministerium des Inneren des Landes Nordrhein-Westfalen.

Kampf gegen Antisemitismus hat höchste Priorität

Die Kultur- und Wissenschaftsministerin Ina Brandes zeigte sich erschreckt, „wie weit antisemitische Vorurteile bis in die Mitte der Gesellschaft anschlussfähig sind.” Der Kampf gegen jeden Antisemitismus habe höchste Priorität: „Wir setzen uns gemeinsam und entschlossen ein für die Sicherheit von Jüdinnen und Juden und für ein gutes Zusammenleben aller Menschen in unserem Land.“

Innenminister Herbert Reul ergänzte: „Die Entwicklung zeigt: Wir müssen uns heute wieder mehr mit Antisemitismus beschäftigen. Er ist unter der Oberfläche weit verbreitet – bis in die Mitte der Gesellschaft. Das ist nicht nur eine Gefahr für die Jüdinnen und Juden in unserem Land, sondern bedroht die Grundwerte unserer Gesellschaft. Diesem Trend müssen wir uns entschieden entgegenstellen. Unsere Polizei und der Verfassungsschutz werden alles tun, um jüdisches Leben in all seiner Vielfalt zu schützen. Durch gemeinsamen Austausch, gezielte Aufklärung und Prävention erhöhen wir die Chance, Veränderungen frühzeitig zu bemerken und wirksam zu bekämpfen.“

Respekt und Grundgesetz zählen

Der Leiter der Landeszentrale für politische Bildung, Guido Hitze, erklärte, dass Antisemitismus vor allem eine Gefahr für Jüdinnen und Juden sei, betonte aber: „Er gefährdet zugleich auch die Demokratie in unserem Land, weil sich verschiedene Extremisten auf diesen gemeinsamen ideologischen Nenner verständigen können. Zugleich müssen wir sensibel sein und zum Beispiel deutlich machen, dass es durchaus kontroverse Diskussionen über die Lage in Nahost geben darf. Was zählt ist Respekt und das Grundgesetz.“

Die Antisemitismusbeauftrage des Landes Nordrhein-Westfalen, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sprach die aktuelle Dunkelfeldstudie für Nordrhein-Westfalen an, die sie und Innenminister Reul in Auftrag gegeben hatten. Aus ihr gehe „deutlich hervor, dass bis zu einem Viertel der Befragten antisemitische Einstellungen aufweisen und fast die Hälfte einen Schlussstrich unter die deutsche Geschichte (Holocaust) ziehen will.“ Besonders besorgt sei sie über die ausgeprägte Israelfeindlichkeit unter Jugendlichen: „Diese Ergebnisse spiegeln das Empfinden vieler Jüdinnen und Juden wider und bestätigen den Anstieg antisemitischer Straftaten in Nordrhein-Westfalen. Ich nehme diese Erkenntnisse sehr ernst und fordere dazu auf, sie konsequent in die Präventionsarbeit einzubeziehen. Formate wie dieses unter Beteiligung verschiedenster Institutionen sind dafür ein wichtiger Schritt, den ich ausdrücklich begrüße.“

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