Starb Jesus auch für die Klingonen?

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Ist Jesus Christus auch der Messias der Außerirdischen? Müssen gute Christen nackt sein? Solche Fragen werden im Theologischen Salon der Bochumer Ruhr-Universität diskutiert.

Ist Jesus Christus auch der Messias der Außerirdischen? Müssen gute Christen nackt sein? Solche Fragen werden im Theologischen Salon der Bochumer Ruhr-Universität diskutiert.

Die Weiten der Galaxie. Foto: Carsten Przygoda/pixelio.de

„Er ist für alle gestorben“, heißt es im zweiten Korintherbrief über Jesus Christus. Nach Theorien von Astronomen gibt es in jeder der vermuteten 125 Milliarden Galaxien mindestens 360 Mal intelligentes Leben. Starb der Heiland also auch für Klingonen und andere Außerirdische? Der Theologische Salon der Ruhr-Universität Bochum (RUB) sucht Antworten auf Fragen dieser Art.

„Wie viel Weihrauch muss man eigentlich geraucht haben, um auf diese Fragen zu kommen?”, fragte der Radiosender 1Live bei der Ankündigung der Veranstaltung in der Bochumer Szenekneipe „Goldkante” sinngemäß. Für Gastredner Christian Weidemann ist sein Vortrag am Mittwochabend aber seriöse, wenn auch unterhaltsame Wissenschaft. „Die sogenannte Exotheologie befasst sich mit Implikationen der Astrophysik auf die Theologie”, erklärt der promovierte Philosoph – was zunächst einmal hinreichend wissenschaftlich klingt.

Laut Weidemann sollten gute Christen einfach davon ausgehen, dass es keine Außerirdischen gibt: „Sonst müsste Gott bei einer durchschnittlichen Inkarnationszeit von circa 30 Jahren und einem Zeitraum von knapp 12 Milliarden Jahren seit der ersten Entstehung lebensfreundlicher Planeten zu jedem Zeitpunkt in durchschnittlich 250 verschiedenerlei Gestalt inkarniert gewesen sein.” Wenn Gott aber „ganz Mensch” geworden sei, wie die kirchliche Lehre verkündigt, könne er nicht gleichzeitig an zwei Orten sein.

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Weidemann stellte seine Thesen bereits 2011 auf einer von Pentagon und Nasa finanzierten Tagung vor. Internationale Medien sprachen von „100.000 Dollar für Forschung an Klingonen” und erwähnten den Vortrag in Ranglisten mit Steuergeldverschwendungen. „Das sind sicher nicht die drängendsten Fragen der Theologie”, räumt Weidemann ein. In der „Goldkante” muss sich um Steuergelder niemand sorgen: Der Eintritt ist frei, und mit 30 Besuchern sind alle Sitzplätze belegt. Ungefähr die Hälfte der Gäste kommt von der theologischen Fakultät, die anderen sind interessierte Laien.

Neben Weidemann steuert Religionslehrer Jens Nürnberger einen Beitrag bei. Unter dem Titel „Ostentatio genitalium” beschäftigt sich der Hobby-Kunsthistoriker mit der Nacktheit Jesu. Bei der Bildanalyse von Michael Triegels Werk „Auferstehung” aus dem Jahr 2002 zeichnete Nürnberger einst arglos zwei Linien in das Bild ein, um den Mittelpunkt zu bestimmen. „Das Referendariat war dazu vielleicht nicht der richtige Zeitpunkt”, gibt er während seiner Präsentation zu: Die Linien kreuzen sich nämlich direkt über dem entblößten Genital des nackten Jesus.

„Nudus nudum Christum sequi”, dem nackten Christus nackt nachfolgen – dafür warb schon Franz von Assisi. Mittelalterliche Zeitgenossen des Ordensgründers fanden diese Auslegung mindestens seltsam. Der Heilige ist allerdings Namenspatron des aktuellen Papstes. Nürnberger fragt: Legt der Pontifex also auch bald sein Gewand ab? Müssen gute Christen blankziehen? Und beruhigt die Gemüter: „Vor allem geht es bei der Darstellung der Nacktheit Jesu darum zu zeigen, dass er kein geschlechtsloser Engel war.” Sondern eben ganz Mensch – mit allen kleiner oder größer dargestellten Details.

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Für Weidemann ist der launige Vortragsabend in der „Goldkante” ein Heimspiel: 2014 hat der Wissenschaftler, damals noch an der RUB, die Reihe ins Leben gerufen. Mittlerweile lehrt Weidemann in Innsbruck. Seine Reihe wird in Bochum von Aleksandra Brand und Stefan Pabst weitergeführt. Etwas schwierig ist nur die Suche nach geeigneten Dozenten: Nicht jeder möchte einen Kneipen-Klingonen im ansonsten makellosen Gelehrten-Lebenslauf wissen.

Pabst zeigt sich trotzdem zuversichtlich, dass der Theologische Salon auch im Wintersemester fortgeführt werden kann: „Das ist einfach ein unheimlich cooles Format.” So cool, dass der 27-Jährige „seine” Veranstaltung auch schon beim Katholikentag entdeckt hat. „Wir liegen damit einfach im Zeitgeist: unterhaltsam, aber fachlich kompetent.”

Von Christoph Koitka (KNA)