„Zweischneidiges Instrument“

D­ieser Weg wird kein leichter sein“. Xavier Naidoos Hit, der 2006 die deutschen Fußballer bei der Heim-WM begleitete, könnte auch eine Art Hymne für den am 1. Advent begonnenen Reformprozess Synodaler Weg der Katholischen Kirche in Deutschland werden. Denn auch dieser dürfte „steinig und schwer“ werden. Und die Zeile „Nicht mit vielen wirst du dir einig sein“ kann sicher auch der eine oder die andere Synodale voller Inbrunst mitsingen.

(Foto: Molitor | ZdK)

Dass die Katholische Kirche insbesondere durch den Missbrauchsskandal in einer tiefen Vertrauenskrise steckt, darin sind sich wohl noch alle einig. Aber wenn es um die Gründe und um die Wege aus der Krise geht, hört die Einigkeit schnell auf. Die einen sehen vor allem systemische Ursachen und fordern Änderungen in der Sexualmoral, eine Abkehr vom Pflichtzölibat, weniger Macht für Priester und mehr Rechte für Frauen – am besten bis hin zur Weihe von Priesterinnen oder zumindest Diakoninnen.Auf der anderen Seite stehen diejenigen, die vor nationalen Sonderwegen warnen oder gar vor einem „Missbrauch des Missbrauchs“, um schon lange gewünschte kirchenpolitische Ziele durchzusetzen. Kölns Kardinal Rainer Maria Woelki und Regensburgs Bischof Rudolf Voderholzer sind die prominentesten Vertreter dieser Richtung. Ihr Vorstoß, das Thema Neuevangelisierung ins Zentrum des Synodalen Wegs zu stellen, wurde allerdings von der großen Mehrheit der Bischöfe abgelehnt. Stattdessen bleibt es bei den vier SchwerpunktthemenSexualmoral, priesterliche Lebensform, Macht und Gewaltenteilung sowie Rolle von Frauen in der Kirche. Nach dem symbolischen Startschuss mit dem Entzünden der Synodalkerze am vergangenen Sonntag machen sich die gut 200 Teilnehmer ab Ende Januar tatsächlich auf den Weg, der zunächst auf zwei Jahre angelegt ist. Wichtige Leitplanken – andere würden eher Hindernisse sagen – hat der Vatikan aufgestellt. Nach einem sehr ungewöhnlichen Papstbrief an alle Katholiken in Deutschland, der von den einen als Warnung, von den anderen als Ermutigung gedeutet wurde, sah sich die römische Kurie offenbar in der Pflicht, ein paar Pflöcke einzuschlagen.

„Es wird munter werden,
aber wir werden gut miteinander streiten“

Klar ist damit, dass kein Ortsbischof gezwungen werden kann, die Beschlüsse in seinem Bistum auch umzusetzen. Außerdem betonen die Verantwortlichen seitdem auffallend häufig, dass es natürlich nicht um nationale Sonderwege gehe, sondern dass gerade über die besonders strittigen Themen wie etwa die Frauenweihe nur zusammen mit Papst und Weltkirche entschieden werden könne.

Ob das denjenigen reichen wird, die nach dem ohne konkrete Ergebnisse beendeten Dialogprozess von 2010 bis 2015 auf verbindliche und konkrete Reformen pochen? Einige Aussagen zum Start deuteten erneut an, wie steinig und schwer der Weg werden dürfte: „Ich glaube, es wird munter werden, aber wir werden gut miteinander streiten“, prophezeite der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx. Zugleich rief er alle Gläubigen auf, sich aktiv mit auf den Weg zu machen, etwa über Beteiligungsmöglichkeiten auf der neuen Internetseite synodalerweg.de, aber auch durch begleitende Gebete. Die Vizepräsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Karin Kortmann, betonte, nach fast 30 Jahren diverser Reformdialoge müssten nun „belastbare Ergebnisse“ erzielt werden.
Trotz der schwierigen Situation äußerte der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer zum Start die Zuversicht, „dass die Katholische Kirche am Ende eine andere sein wird als jetzt.“ Sie werde „deutlich partizipativer und weiblicher“ sein. Unterdessen warnte Bischof Voderholzer: „Apokalyptische Anwandlungen, als sei jetzt ‚die letzte Chance‘ für die Kirche gegeben, sich in einem bestimmten Sinne zu ,reformieren‘, sind nicht hilfreich und grenzen fast an versuchte Nötigung.“
Der Theologe Daniel Bogner charakterisierte im Deutschlandfunk den Synodalen Weg als „zweischneidiges Instrument“. Auf der einen Seite wolle man verbindlich sein, auf der anderen Seite sei jeder Bischof frei, die Beschlüsse außer Kraft zu setzen. „Von der Papierform müsste man eigentlich sagen, kann man keine großen Erwartungen daran haben“, ergänzte er. Allerdings gebe es momentan auch „kein anderes besseres Instrument als dieses, also sollte man es bestmöglich nutzen“.

Gottfried Bohl