DBK: Sprecher, Moderator und „Gesicht“- Fragen und Antworten zum Vorsitzenden der Bischofskonferenz

Ab Montag kommen die katholischen deutschen Bischöfe zu ihrer Frühjahrsvollversammlung zusammen. Auf der Tagesordnung des bis Donnerstag dauernden Treffens in Mainz steht die Wahl eines neuen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz. Fragen und Antworten rund um die Wahl, die am Dienstag stattfinden soll.

Warum wählen die Bischöfe jetzt einen neuen Vorsitzenden?

Anfang Februar hat Kardinal Marx überraschend angekündigt, nicht erneut anzutreten. „Ich finde, es sollte die jüngere Generation an die Reihe kommen“, schrieb der 66-Jährige in einem Brief an seine Mitbrüder. Marx steht seit 2014 an der Spitze der Konferenz und seine sechsjährige Amtszeit endet nun. Eine einmalige Wiederwahl wäre dem Statut nach möglich. Marx bleibt aber Münchner Erzbischof und als Mitglied im Kardinalsrat einer der engsten Berater von Papst Franziskus.

Dürfen nur die Ortsbischöfe wählen?

Nein, in Deutschland auch die Weihbischöfe. Sie unterstützen ihren Diözesanbischof vor allem bei Aufgaben, die an die Bischofsweihe geknüpft sind. Der Vorsitzende und sein Stellvertreter werden von der Vollversammlung gewählt, und die „Hilfs-Bischöfe“ (das Kirchenrecht spricht von Auxiliarbischöfen) gehören dazu.

Was bedeutet das für die Wahl?

Manche sehen sie als Stunde der Weihbischöfe. Diese Bischöfe stehen zwar „in der zweiten Reihe“, haben aber bei der geheimen Abstimmung die Mehrheit. Genau das macht Prognosen so schwierig. Die Stimmung der Weihbischöfe aus allen 27 Diözesen lässt sich kaum abschätzen. Von den 69 Wahlberechtigten in Mainz stellen sie knapp zwei Drittel. Der Vorsitzende muss aber „aus dem Kreis der Diözesanbischöfe“ stammen.

Wie viele Stimmen braucht er?

In den ersten beiden Wahlgängen ist eine Zweidrittel-Mehrheit der anwesenden Stimmberechtigten erforderlich, voraussichtlich also 46 Stimmen. Danach genügt die Mehrheit. Nicht planbar ist, wie viele Wahlgänge erforderlich sind. Für Dienstag 13 Uhr ist eine Pressekonferenz mit dem neuen Vorsitzenden angesetzt, sie kann „gegebenenfalls verlegt werden“, heißt es auf der Internetseite der Bischofskonferenz.

Was ist diesmal das Besondere?

Die Wahl wird mit Spannung erwartet, weil in Deutschland gerade ein kirchliches Reformprojekt angelaufen ist. Bei diesem Synodalen Weg spielt der Konferenz-Vorsitzende natürlich eine besondere Rolle. Denn auch unter den Bischöfen gibt es unterschiedliche Vorstellungen über die Kirche der Zukunft. Sie ringen darum, ob der Weg aus der Krise eher über handfeste Reformen führen soll oder eher über ein Bewahren und eine Erneuerung im Glauben. Es geht in Mainz also auch um den Kurs der katholischen Kirche in Deutschland.

Und den bestimmt der Vorsitzende der Bischofskonferenz?

Jein. Einerseits kann er Richtung und Tempo beeinflussen. So hat Marx beispielsweise Reformpläne angestoßen und vorangebracht. Der Mann an der Spitze kann Akzente setzen, Personalentscheidungen steuern, er ist das „Gesicht“ der hiesigen Kirche und sein Wort hat Gewicht – im politischen Berlin ebenso wie in Rom.

Andererseits…?

… ist in jedem Bistum der jeweilige Diözesanbischof verantwortlich. Daher hat der Vorsitzende keineswegs die Macht wie der Vorstandsvorsitzende eines Konzerns. Er ist nicht der Chef der anderen Bischöfe, sondern eine Art Sprecher. Er koordiniert und moderiert nach innen und repräsentiert nach außen. Dabei ist er „an die Beschlüsse der Vollversammlung gebunden“.

Ganz frisch liegt ein Reformvorschlag auf dem Tisch: Vorsitz im Rotationsverfahren. Wie könnte das konkret aussehen?

Dieses Verfahren wäre für die Deutsche Bischofskonferenz völlig neu. Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer hat es wenige Tage vor der Wahl in einem Interview vorgeschlagen. Demnach sollen sich die Erzbischöfe alle drei Jahre als Vorsitzender abwechseln, etwa in alphabetischer Reihenfolge der Bistümer. Voderholzer: „Eine Personaldebatte entfiele, ein wie auch immer gearteter Wahlkampf, und eben deshalb auch die damit verbundene Politisierung.“ Notfalls gäbe es dann eine Entscheidung erst im Herbst. Beobachter räumen der Idee aber nur wenige Chancen ein.

Wie läuft die Wahl ab?

Vermutlich liegen weder eine offizielle Kandidatenliste noch Stimmzettel zum Ankreuzen auf den Tischen. Bisher lief es in der Regel so, dass jeder einfach einen Namen auf den Zettel geschrieben hat. Das heißt natürlich auch, dass es Vorgespräche gibt. Die Bischöfe dürften sich über das „Anforderungsprofil“ austauschen und wer es aus ihrer Sicht am besten erfüllt. Ähnlich wie vor einem Konklave im Vatikan ist das durchaus erwünscht. Wahrscheinlich hat Marx seine Entscheidung auch aus diesem Grund bereits drei Wochen vor der Wahl verkündet.

Wer hat die besten Chancen?

Ginge es um ein Amt in der Politik, kämen auf Anhieb zwei Personen in Betracht: der Vize und der ranghöchste Parteifreund aus dem mächtigsten Landesverband. Doch der bisherige stellvertretende Vorsitzende Franz-Josef Bode (69) hat mit Verweis auf sein Alter bereits abgewunken. Und der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki (63) sagte: „Ich persönlich möchte mich auf die Herausforderungen konzentrieren, die sich mir als Erzbischof von Köln und als Kardinal der katholischen Weltkirche stellen.“

Also wer?

Erzbischof Stephan Burger (Foto: Erzbistum Freiburg)

In vielen Spekulationen der Medien tauchen zwei Erzbischöfe auf: Heiner Koch und Stephan Burger. In der Hierarchie folgen sie gleich auf die Kardinäle. Koch (65) kam von Köln über Dresden nach Berlin, steht für Verbindendes zwischen West und Ost. Er kennt das „heilige Köln“ ebenso wie ein glaubensfernes Umfeld und wird in der Hauptstadt auch jenseits der Kirchenmauern geschätzt.

Burger (57) will die Umbrüche auch als Chance verstanden wissen. Er ist als Zuständiger für die Hilfswerke Caritas und Misereor von Amts wegen oft in Krisengebieten unterwegs, sozial engagiert. Beim Umgang mit Missbrauch hat er sich zu einem Vorreiter entwickelt; das Freiburger Modell mit eigenen Zahlungen stößt jedoch auch auf Kritik.

Kommen weitere Bischöfe „der jüngeren Generation“ in Frage?

13 Ortsbischöfe sind 60 Jahre jung oder jünger – aber natürlich sind die Bischöfe nicht an die Empfehlung des scheidenden Vorsitzenden gebunden. In den Medien gehandelt wird auch der Limburger Bischof Georg Bätzing (58), der bescheiden auftritt, auf Leute zugehen ebenso wie „Verwaltung“ kann. Und: Er verteidigt den Synodalen Weg. Angesichts der Mehrheitsverhältnisse in der Konferenz wohl Voraussetzung für eine erfolgreiche Wahl.

Vor diesem Hintergrund ist in Mainz auch ein Votum für den gastgebenden Bischof Peter Kohlgraf (52) denkbar. Seine Grundüberzeugung hat der ebenso freundliche wie anerkannte Theologe als Buch zu Papier gebracht: „Nur eine dienende Kirche dient der Welt“. Als mögliche Wahlsieger gehandelt werden ferner Ruhr- und Militärbischof Franz-Josef Overbeck, Hildesheims Oberhirte Heiner Wilmer und der Trierer Bischof Stephan Ackermann. Oder aber ein Überraschungskandidat macht das Rennen…

Von Thomas Winkel (KNA)