Johannes Paul II: Der Papst im Parkstadion

Am 18, Mai wäre Papst Johannes Paul II. wäre  Jahre alt geworden. Christopher Schmitt erinnert in seinem Besuch an den Besuch des Kirchenoberhaupts im Ruhrgebiet und in Gelsenkirchen.

Johannes Paul II. fährt mit Ruhrbischof Franz Hengsbach durch das sogenannte Marathontor ins Parkstadion ein. (Foto: Kampert/Stadtarchiv Gelsenkirchen)

Der Papst im ParkstadionChristopher Schmitt, im Hauptberuf Stadtrat und Wirtschaftsdezernent Gelsenkirchens, hat sich in den vergangenen Jahren in seiner wenigen Freizeit als leidenschaftlicher Hobbyhistoriker im gesamten Ruhrgebiet auf die Suche nach Archivdokumenten und Quellen zu einem ganz besonderen Tag in der Reviergeschichte gemacht: Am 2. Mai 1987 feierte Papst Johannes Paul II. mit rund 90.000 Menschen die heilige Messe im Parkstadion. Herausgekommen ist ein Buch unter dem prosaischen Titel „Der Papst im Parkstadion. Johannes Paul II. in Gelsenkirchen“, das im Vorfeld des 100. Geburtstages des vor 15 Jahren verstorbenen Kirchenoberhaupts im Klartext-Verlag erschienen ist.
Schmitt zeichnet regionalgeschichtlich detailliert – und mit vielen bisher unveröffentlichten Bildern – aus der Perspektive der Menschen in der Region das Erlebnis nach, was Verantwortliche der Stadt damals als „Jahrhundert-Ereignis“ bezeichneten. Nicht umsonst beschreibt Buchautor Schmitt auch die mediale Wirkung: In allen dritten ARD-Programmen verfolgten zusammen 1,85 Millionen TV-Zuschauer die Messe im Stadion.
Der Katholik Schmitt selbst erlebte diesen Tag mitten in Abiturvorbereitungen nicht live im Stadion. Aber deutlich und positiv erinnert er sich an die Auftritte Johannes Pauls während der Reise und seine Worte. „Es ist aus heutiger Sicht bewegend zu sehen, wie berechtigt der Papst damals die Sorgen der Menschen im Revier teilte“, so Schmitt heute. Der Papst sprach im Parkstadion den Rückzug von Kohle und Stahl, aber auch den Rückgang von Kirchenbesuchern an. Dies machte auch Johannes Paul II. 1987 nachdenklich über den sich abzeichnenden Verlust von der Bedeutung der Kirche.

Kirchenpolitisch ein heißes Eisen

Kirchenpolitisch ein heißes Eisen, berichtet Christopher Schmitt, war die Frage des Dienstes von Mädchen als Messdienerinnen in der Messe mit dem Papst aus Polen. Erste Pläne, mit Rücksicht auf den früheren Krakauer Bischof ganz auf Mädchen zu verzichten, riefen erhebliche Proteste unter den Gläubigen im Ruhrbistum hervor und Schlagzeilen in den Tageszeitungen. Ein Kompromiss sah dann andere Gewänder für Mädchen als die vor, die die Jungen tragen sollten. Dies führte allerdings dazu, dass die Gemeinde St. Barbara aus Gelsenkirchen-Erle aus stillem Protest auch die Jungen im liturgischen „Mädchenkleid“ ins Parkstadion ziehen ließ.

Es sollte übrigens noch einige Jahre dauern, bis Messdienerinnen ganz ausdrücklich von Rom zugelassen wurden: Erst am 11. Juli 1992 bestätigte Papst Johannes Paul II., dass der Kanon 230 so zu interpretieren sei, dass auch Mädchen am Altar dienen dürfen. Der Päpstliche Rat für die Gesetzestexte hatte diese „authentische Interpretation“ auf Anfragen aus Bistümern hin verfasst, 1994 wurde sie schließlich veröffentlicht. Die meisten deutschen Bischöfe begrüßten diese, da es schon in vielen Gemeinden ohnehin pastorale Praxis war, sogar in manchen Kathedralkirchen.

Lesenswerte Details

Lesenswerte Details stammen zudem aus einem Gespräch Schmitts mit Juwelier Alfred Weber, dem Stifter des Altarkreuzes für den Papst-Gottesdienst „Auf Schalke“. Erinnerungen an das Großereignis in der Stadt liefern auch weitere Gespräche Schmitts mit Luidger Wolterhoff, damals BDKJ-Diözesanvorsitzender und heute hauptberuflich Sozialdezernent der Stadt Gelsenkirchen, dem FC Schalke 04 und Gerd Rehberg.

Lob von Schmitt erhalten mit einem Augenzwinkern 33 Jahre später weitsichtige Stadtbedienstete. Sie retteten das Goldene Buch der Stadt Gelsenkirchen vor einer Beschädigung, weil sie lange mit seiner Auslegung zur Unterzeichnung warteten: Die Landung des Hubschraubers mit dem Pontifex sorgte nämlich für einen Sandsturm im Stadion.

„Mehr als ein Stones-Konzert“

Dass 5000 Sängerinnen und Sänger die Papstmesse mitgestalteten und 2000 Scouts in Uniform mit für einen rund halbstündigen liturgischen Einzug sorgten, ist vielfach bekannt. Im Gottesdienst selbst erinnerte Papst Johannes Paul II. passend zu seinem Reisemotto „Ihr werdet meine Zeugen sein“ auch an fünf vom NS-Regime ermordete Frauen und Männer im Widerstand gegen Hitler. Darunter war der später selig gesprochene Nikolaus Groß, der Duisburger Arbeitersekretär Gottfried Könzgen sowie das Arbeiterehepaar Maria und Bernhard Kreulich sowie Bernhard Letterhaus, Arbeiterführer aus Köln. Angehörige der gläubigen NS-Opfer waren auf Einladung von Bischof Hengsbach ins Parkstadion gekommen.

Die Papstmesse, so lautet das Fazit Schmitts, sei „mehr als ein Stones-Konzert, mehr als eine von vielen Großveranstaltungen, mehr als ein Besucherrekord in der Stadt“ gewesen. Auch im Abstand von gut drei Jahrzehnten sei noch immer etwas von ihrem Nachhall vernehmbar. Bei den vielen Gesprächen, die er für die Buchrecherche geführt habe, sei deutlich geworden: „Die Menschen denken mit Freude zurück an den Papst im Parkstadion.“