Katholische Kirchenführer gehen auf Distanz zu Donald Trump

  • US-Kirchenführer gehen auf Distanz zu Donald Trump. Sie wollen sich im Wahljahr nicht für politische Zwecke vereinnahmen lassen. Immer mehr US-Bischöfe solidarisieren sich offen mit Opfern des Rassismus.

12.07.2018. BRUSSELS, BELGIUM. Press conference of Donald Trump, President of United States of America, during NATO (North Atlantic Treaty Organization) SUMMIT 2018. “ (Foto: © Gints Ivuskans| – Dreamstime.com)

Demonstrativ ehrt Mark Seitz das Andenken des Schwarzen George Floyd mit einem gebeugten Knie. Minutenlang kauert der katholische Bischof von El Paso im stillen Gebet auf dem Boden. Und erinnert damit daran, wie der 46-Jährige unter dem Knie eines weißen Polizisten qualvoll starb. In den Händen hält Seitz ein Schild mit der Aufschrift „Black Lives Matter“ (Schwarze Leben sind etwas wert).

Am Mittwoch dankte Papst Franziskus dem Bischof per Telefon für dessen Parteinahme. So stellt sich Franziskus den Umgang der US-Hirten mit den landesweiten Protesten gegen strukturellen Rassismus, Polizeigewalt und soziale Ungerechtigkeit vor.

Der auf einem Foto festgehaltene Kniefall steht als Symbol des Aufbruchs. Etwas ist in Bewegung geraten, das mehr und mehr katholische Geistliche aus der Kirche auf die Straße bringt. Mit dem Bischof von El Paso reihte sich nun einer der ersten US-Bischöfe in die Protestmärsche ein, die sich nach Floyds Tod am 25. Mai im ganzen Land ausbreiten.

Zu den Marschierern zählt auch der Erzbischof von St. Paul-Minneapolis, Bernard Hebda. Entsetzt über den Tod Floyds in seiner Stadt, dem Epizentrum der landesweiten Krise, suchte der konservative Hirte am Dienstag bei einem Demonstrationszug gegen Rassismus den Schulterschluss mit den Empörten.

Seitz und der konservative Hebda stehen stellvertretend für eine neue Form öffentlichen Widerspruchs unter US-Katholiken, der nach der Foto-Aktion Donald Trumps mit einer Bibel vor der historischen St. John“s-Kirche einen neuen Höhepunkt erlebt. Der wenig bibelfeste Präsident nährte damit den Verdacht, Religion als Kulisse für seine Politik zu missbrauchen.

„Das ist ekelhaft“, twitterte James Martin vom Jesuiten-Magazin „America“ zu dem Spektakel, für das Trump am Montag unter dem Einsatz von Tränengas und Gummigeschossen den Lafayette-Platz von friedlichen Demonstranten räumen ließ. Um anschließend in einem Triumphmarsch zu der „Kirche der Präsidenten“ zu ziehen.

Am Dienstag distanzierte sich der Erzbischof von Washington, Wilton Gregory, vom Besuch des Präsidenten am Denkmal von Papst Johannes Paul II. Es sei „verwirrend und verwerflich“, dass es eine katholische Einrichtung zulasse, auf so „ungeheuerliche Weise missbraucht und manipuliert zu werden“, zürnte der erste schwarze Bischof der einflussreichen Diözese.

Gregory sorgte mit seiner Kritik für die kraftvolle Führung, die von der US-Bischofskonferenz (USCCB) bislang fehlte. „Wir müssen gewaltfrei und konstruktiv zusammenarbeiten, um die ‚geliebte Gemeinschaft‘ zu heilen und aufzubauen“, zitierte der 2019 aus der schwarzen Vorzeigestadt Atlanta nach Washington gewechselte Bischof den Bürgerrechtler Martin Luther King. Trump hingegen hält er vor, mit allem, was er sage und tue, Gewalt zu entfachen.

Auf Konfrontationskurs ist Gregory auch mit den konservativen „Kolumbus-Rittern“, die das Museum mit dem Papst-Schrein finanzieren. Als ob eine Absage nicht möglich gewesen wäre, reden sich die Ritter nun mit einem „lange vereinbarten Termin“ heraus.

Der Präsident der Trump-nahen Lobbygruppe „Catholic Vote“, Brian Burch, meinte, es sei „bedauerlich“, dass Gregory diese Gelegenheit wählte, „um einen parteiischen Angriff auf den Präsidenten zu unternehmen“. Er sollte sich vielmehr freuen, dass Trump im Anschluss an den Besuch eine Verordnung zur Religionsfreiheit unterzeichnet habe. Darin wird die „internationale Religionsfreiheit“ vom Präsidenten zu einer „außenpolitischen Priorität der Vereinigten Staaten“ aufgewertet.

Doch Trumps Kirchenlobbyisten haben es zunehmend schwer. Mehrere katholische Bischöfe, die jeweils verschiedenen Fachausschüssen der Bischofskonferenz vorstehen, verurteilen in einer gemeinsamen Erklärung Rassismus und Polizeigewalt. Floyds Tod habe sie „empört und angewidert“.

Eine Karmeliterin vom Orden der „Töchter des heiligen Elias“ in Cincinnati im Bundesstaat Ohio bezog in einer spektakulären Aktion ihrerseits Position. Sie kletterte auf eine Holzleiter und sprühte mit schwarzer Farbe eine unmissverständliche Botschaft auf die Papp-Fassade vor dem Wohnhaus der Schwestern: „Gott ist Liebe“.

Von Bernd Tenhage (KNA)