Bistum Essen – Deutliche Einnahmeverluste bei den Kollekten machen Pfarreien im Bistum Essen große Sorgen. Wenn auch eine Gesamtübersicht noch nicht vorliegt, verweisen die Verwaltungsleiter oder Pfarrer auf fehlende Mittel von bis zu 75 Prozent der sonstigen Einnahmen.
Das bestätigt auch Andreas Dietrich, Verwaltungsleiter von St. Dionysius in Essen-Borbeck. Konkrete Summen wollte er nicht nennen. Die Pfarrei und Pfarrer Benedikt Ogrdowczyk bitten aber in der aktuellen Ausgabe ihrer Newsletter „Dio-News“ Katholiken darum, wohlwollende Online-Spenden zu prüfen. „Uns ist sehr bewusst, dass die aktuelle Corona-Krise auch in unserer Pfarrei Menschen vor existenzielle Herausforderungen stellt“, heißt es. Der Pfarrer bittet gleichzeitig Gemeindemitglieder, die das können, um mögliche Unterstützung. Ebenfalls seien aktuell Hilfswerke wie Misereor oder Renovabis betroffen.
Nicht planbare Gaben
Über die Verwendung der Kollekten-Gelder gibt Verwaltungsleiter Dietrich zunächst keine Auskunft. Dies, sagt er, seien vorher nicht planbare Gaben, mit denen man deshalb auch nur begrenzt rechnen will und die keinem bestimmten Zweck zugeordnet seien. Auf Nachfrage, ob Kollekten-Gelder etwa für Strom in der Kirche, für Kerzen oder die Pflege liturgischer Ausstattung da seien, bestätigt er die „Finanzierung auch gottesdienstlicher Belange“.
Eine Verwendung für Bauliches und plötzliche Kostensteigerungen bei Reparaturen gebe es dagegen nur in Notfällen. Klar ist, dass für viele Pfarreien jetzt Kollekten-Gelder als ein wichtiger Not- oder Feuerwehrtopf ausfallen. Dietrich spricht von einer „Variable, die für die Pfarrei entscheidend wichtig ist“.
Nächste diözesane Strukturreform befürchtet
Viele Pfarreien, so auch St. Dionysius oder die St. Ludgerus in Essen-Werden sind deshalb gern auf eine von der Bank im Bistum Essen angebotene Hilfen eingestiegen, wo Online-Spenden zusätzlich einfacher werden. Für St. Dionysius und andere findet sich diese Online-Möglichkeit unter www.bib-spendenportal.de.
Die vom Borbecker Verwaltungsleiter genannte Größenordnung von bis zu drei Vierteln aller Kollekten-Einnahmen bestätigt Bochums Propst Michael Ludwig. Was Sorgen der Pfarrei und die künftige Finanzierung ihrer Haushalte angeht, fürchtet er aber weitere Konsequenzen, etwa die nächste diözesane Strukturreform. „Wenn Sie von ersten staatlichen Prognosen von zehn bis 30 Prozent Verlusten bei Steuer- und Kirchensteuern ausgehen, müssen wir Pfarrer auch mit geringeren Bistums-Zuweisungen für unsere Haushalte und Immobilien rechnen.“ In Sachen Pfarr-Finanzen denkt Propst Ludwig also weiter. „Ich glaube, dass nach 2006 und 2018 auf uns nun die dritte Strukturreform zukommen kann.“ Kaffeesatz lesen ohne detailgenaue Daten wolle er zwar nicht. „Aber sich abzeichnende Einnahmeausfälle bei Steuern und Kirchensteuern müssten dann zur erneuten Überprüfung des Bestands von Kirchen- und Gemeinde-Immobilien führen.“ Beim Personal des Bistums gehe es schon jetzt um einen Einstellungsstopp.
„Extrem spürbare“ Einschränkungen erwartet
„Das kann ich nicht bestätigen“, erklärt Ulrich Lota, Pressesprecher der Diözese. Er erwartet „extrem spürbare“ Einschränkungen im Haushalt, von einem Einstellungsstopp wisse er aber nicht. „Natürlich führen Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit und die wirtschaftliche Lage von Firmen dazu, dass auch das Bistum den Haushalt 2020 anpassen muss und es erhebliche Kürzungen für 2021 geben wird. Bei den Zuweisungen an die Gemeinden aber werde ich nicht über Kürzungen sprechen.“ Da gebe es noch keine Anhaltpunkte und Daten der Finanzämter. „In welcher Größenordnung Gemeinden sparen müssen, ist jetzt also nicht seriös beantwortbar“, so Lota.
Zurück zum Geld im Kollekten-Korb: Für Propst Ludwig aus Bochum ist bei aktuell einem Viertel der „normalen“ Kirchenbesucher jetzt die Frage nach der Pastoral der Zukunft gestellt. „Dass Christen auch nach Corona wegbleiben können, macht mir Sorgen.“ Es fordere aber zugleich heraus. Wenn heute schon in Kirchen Plätze frei blieben, die für 70 Besucher zugelassen sind, dann könnten die Gotteshäuser nach Corona noch deutlich leerer sein. „Kirche wird anders sein nach Corona, ohne dass wir jetzt dafür schon detaillierte seelsorgliche Konzepte haben.“
Konferenz aller Pfarrer musste ausfallen
Ausführlich darüber zu sprechen, bereite in Corona-Zeiten Schwierigkeiten. „Die Konferenz aller Pfarrer im Bistum musste ausfallen. Auch der stattdessen geplante Tagesausflug fand nach Schwierigkeiten bei der Planung der Verpflegung (der fast 50-köpfigen Gruppe, Anmerkung d. Red.) nicht statt.“ Dringend nötig ist für Ludwig: „Wir müssen jetzt über neue Wege von Evangelisierung nachdenken.“