Der Leiter des katholischen Büros in Nordrhein-Westfalen, Antonius Hamers, unterstützt den Vorschlag des Bundespräsidenten, eine offizielle Gedenkstunde für die Opfer der Corona-Pandemie zu veranstalten. „Einmal geht es darum, den Hinterbliebenen die Möglichkeit zu eröffnen, noch einmal gemeinsam zu trauern. Viele mussten ja in sehr kleinem Kreis Abschied nehmen von ihren Lieben“, sagte Hamers dem Kölner Portal domradio.de (Montag). Zudem erachte er es für sinnvoll, dass eine Gesellschaft auch innehält. Der Tod lade dazu ein, sich vielleicht auch noch einmal der Gefahr bewusst zu werden.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz kritisiert hingegen, es sei zu früh, über ein Gedenken zu sprechen. „Schließlich ist Deutschland noch mitten in der Krise“, sagte Vorstand Eugen Brysch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Erst wenn die Menschen hierzulande durch einen Impfstoff ausreichend geschützt seien, sollte über einen Staatsakt nachgedacht werden, fügte Brysch hinzu. „Dieser sollte aber nicht nur Opfer und Angehörige in den Blick nehmen, sondern auch diejenigen, die Tag für Tag geholfen haben, anderen in der Not beizustehen.“
Antonius Hamers brachte indes den November als Zeitpunkt für eine solche Trauerfeier ins Spiel. „In der katholischen Kirche und auch in der evangelischen Kirche ist der November normalerweise der Monat des Totengedenkens“, so der Pfarrer. Aber nicht nur in den beiden Kirchen sei dies der Fall. „Wir beginnen mit dem Allerseelentag, dann gibt es den Ewigkeitssonntag in der evangelischen Kirche, und es gibt zum Beispiel auch den Volkstrauertag.“ Die Kirche sei zudem ein „guter Partner“ für eine solche Gedenkveranstaltung.
Steinmeier hatte eine offizielle Trauer-Veranstaltung für die Corona-Opfer in Deutschland angeregt. Er werde einen entsprechenden Vorschlag mit Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung und Bundesverfassungsgericht besprechen, sagte er. Die Trauer der Angehörigen dürfe nicht vergessen werden. „Wir haben 9.300 Tote zu beklagen.“ Das seien zwar niedrigere Todeszahlen als anderswo. „Aber es sind in sechs Monaten dreimal so viel wie die jährlichen Verkehrstoten.“
Patienten in Krankenhäusern und Altenheimen seien meist ohne den Beistand ihrer Angehörigen gestorben. „Auch die Hinterbliebenen hatten keine Möglichkeit, Abschied zu nehmen“, sagte der Bundespräsident. „Das ist eine Seelenqual, davon haben mir viele Angehörige berichtet.“
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) unterstützte das Anliegen Steinmeiers grundsätzlich. Es sei richtig, „dass wir miteinander als Nation, als Gesellschaft auch einen Weg finden“, derer zu gedenken, „für die es hart war im Alltag“, und derer, die der Pandemie zum Opfer gefallen sind. Die Frage sei, „in welcher Form und zu welchem Zeitpunkt“, so Spahn am Sonntagabend im „Bild“-Gesprächsformat „Die richtigen Fragen“.
Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) reagierte im Redaktionsnetzwerk Deutschland (Dienstag) mit Zurückhaltung auf den Vorschlag. Die Bundestags-Vizepräsidentinnen Petra Pau (Linke) und Claudia Roth (Grüne) sprachen von einem falschen Zeitpunkt. Dagegen kam von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) Unterstützung.