Bei der Herbstvollversammlung wollen sich die Bischöfe erneut mit der Entschädigung von Missbrauchsopfern befassen: Laut dem Vorsitzenden der Bischofskonferenz Bätzing soll ein System bis Ende des Jahres stehen.
Berlin. Welche finanziellen Hilfen sollen Opfer erhalten, die aus den Reihen der katholischen Kirche missbraucht wurden? Wer soll darüber entscheiden, und woher sollen die Mittel kommen? Mehr als zehn Jahre nach Bekanntwerden des Missbrauchsskandals wollen die Bischöfe sich bei der am Dienstag beginnenden Herbstvollversammlung in Fulda erneut mit diesen Fragen befassen. Bereits im Vorfeld drängt der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, auf eine zügige Entscheidung: Das System für eine Auszahlung soll bis Ende des Jahres stehen, sagte er vor wenigen Tagen in einem Interview.
Bislang erhalten die Opfer von sexuellem Missbrauch eine Anerkennungszahlung von durchschnittlich 5.000 Euro, in Härtefällen zahlt die Kirche auch mehr. Vor gut einem Jahr legte eine von der Bischofskonferenz eingesetzte unabhängige Arbeitsgruppe dann einen neuen Vorschlag vor. Danach sollen Betroffene sechsstellige Summen bis zu 400.000 Euro erhalten.
Grundsatzbeschluss bei der Vollversammlung im Frühjahr
Schnell wurde klar, dass bei der im Papier genannten Summe ein Milliardenbetrag auf die katholische Kirche in Deutschland zukommen würde. Es hagelte Kritik – nicht nur aus den eigenen Reihen: Damit werde das bisherige System von Entschädigungszahlungen auch für andere Opfer völlig gesprengt, hieß es etwa. Auch die evangelische Kirche zeigte sich angesichts der genannten Summe irritiert. So stellte der Missbrauchsbeauftragte der Bischofskonferenz, Bischof Stefan Ackermann, schließlich klar: Das Modell für die Hilfen soll weiterentwickelt werden, über genaue Summe hätten die Bischöfe noch nicht gesprochen.
Das taten sie bei der vergangenen Vollversammlung im Frühjahr. Dort einigten sich die Bischöfe schließlich auf einen Grundsatzbeschluss. Danach wollen sich die Bischöfe an der zivilrechtlichen Schmerzensgeld-Tabelle orientieren und Anerkennungssummen zwischen 5.000 und 50.000 Euro pro Fall zahlen. Eine unabhängige Kommission aus Juristen, Psychologen und Medizinern soll die Schwere jedes Falls einschätzen.
Bislang offene Fragen
Viele Detailfragen sind aber weiter offen – und damit wollen sich die Bischöfe in Fulda beschäftigen. Als die unabhängige Kommission, zu der auch der Sprecher der Opfer-Initiative „Eckiger Tisch“, Matthias Katsch, gehörte, ihren Vorschlag vorstellte, entbrannte etwa eine Diskussion darüber, ob auch Kirchensteuer-Mittel für die Opferhilfen herangezogen werden dürfen oder ob die Bistümer dafür ausschließlich auf eigene Mittel zurückgreifen müssen. Zudem ist noch unklar, wie dann ein Ausgleich zwischen den ärmeren und den wohlhabenderen Bistümern erzielt werden kann und wie die Orden miteinbezogen werden können.
Wie von Beteiligten zu hören ist, wollen sich die Bischöfe in Fulda zudem damit befassen, wie das unabhängige Gremium, das dann über die Auszahlungen entscheidet, aussehen könnte und wie es konkret berufen werden soll. Eigentlich soll das Auszahlungsmodell dann bundeseinheitlich sein. In den vergangenen Monaten sind einzelne Bistümer aber bereits vorgeprescht und haben eigene Auszahlungsverfahren entwickelt. So will etwa das Bistum Augsburg Betroffenen bis zu 75.000 Euro zahlen. Das Erzbistum Freiburg zahlt Opfern von sexuellem Missbrauch seit Jahresbeginn monatliche Zahlungen von bis zu 800 Euro, die zunächst auf ein Jahr begrenzt sind, sowie Einmalzahlungen von bis zu 30.000 Euro.
Frage der Finanzierung
Der Bischofskonferenz-Vorsitzende Bätzing sagte vor wenigen Tagen, er „habe das gute Gefühl, dass wir das Versprechen, offene Verfahrensfragen bis zum Herbst zu klären, einhalten und wir bis Ende des Jahres ein System haben, so dass die Betroffenen die Anerkennungszahlungen auch bekommen können“. Das System solle einheitlich sein und alle Geschädigten Zugang dazu haben, sagte Bätzing dem Bonner „General-Anzeiger“.
Die Frage der Finanzierung sei hingegen sekundär: In seinem Bistum Limburg würden die Anerkennungszahlungen nicht aus der Kirchensteuer finanziert, so Bätzing. „Aber nicht jedes Bistum hat diese Möglichkeit. Und man muss letztlich ja auch sagen: Alles Geld, das eine Diözese hat, gehört den Gläubigen einer Diözese.“