In Regionen mit Sieben-Tage-Inzidenz ab 200 gelten verschärfte Corona-Maßnahmen. Das betrifft aber nicht die Gottesdienste. Nach wie vor überlassen die Länder die Entscheidung über eine Absage den Kirchen.
Bonn – Deutschland ist in der Corona-Krise zum Flickenteppich geworden. Wo muss welche Maske getragen werden, wann muss man abends zuhause sein und wie weit darf man sich vom eigenen Wohnort entfernen? Auch was den Besuch von Gottesdiensten angeht, gibt es eine Vielzahl von Regeln, die teilweise sogar zwischen Nachbargemeinden variieren.
Grundsätzlich erlauben derzeit alle 16 Bundesländer Gottesdienste – unter entsprechenden Auflagen wie Abstand halten und Maske tragen. Unabhängig davon können die einzelnen Gemeinden von sich aus auf die öffentlichen Feiern verzichten, was bei hohen Infektionszahlen auch vielerorts passiert. Oft werden alternativ Online-Gottesdienste angeboten.
Situation in Regionen mit einer Sieben-Tage-Inzidenz ab 200
Besonders im Blick ist die Situation in Regionen mit einer Sieben-Tage-Inzidenz ab 200. Am Montag preschte das Erzbistum Berlin vor, das sich über das besonders betroffene Land Brandenburg sowie die Bundeshauptstadt und Vorpommern erstreckt. Die Erzdiözese sagte alle öffentlichen Gottesdienste in Kreisen und Städten ab, die den Wert reißen. Das heißt, dass Katholiken in weiten Teilen Nordostdeutschlands vorerst keine Messen besuchen können, auch wenn die Länder Brandenburg und Berlin das grundsätzlich erlauben würden.
Auch in anderen ostdeutschen Bundesländern sind die Werte hoch. Thüringen führt derzeit das „Landesranking“ mit einer 310-er Inzidenz an. Dennoch gibt es weiterhin Präsenzgottesdienste unter Auflagen. Ab einem Wert von 300 dürfen aber nur noch maximal 25 Personen teilnehmen, wie der Sprecher des Bistums Erfurt erklärt. Die Diözese habe diese staatliche Vorgabe freiwillig übernommen, obwohl es kein Muss gewesen sei. Grundsätzlich halte Bischof Ulrich Neymeyr an Präsenzgottesdiensten fest. Lediglich zu Weihnachten war den Pfarreien ein Verzicht freigestellt.
Gottesdienste mit maximal 25 Teilnehmern
In Sachsen, das wochenlang eine Inzidenz von über 300 verzeichnete und nun bei 290 liegt, hält das Bistum Dresden-Meißen ebenfalls an öffentlichen Feiern fest. Lediglich im ostthüringischen Teil der Diözese gilt wie im Bistum Erfurt: Ab einer 300er Inzidenz maximal 25 Gottesdienstteilnehmer.
Im ersten Lockdown vergangenes Frühjahr verhielten sich die Länder noch repressiver. Damals verboten alle außer Nordrhein-Westfalen öffentliche Gottesdienste. Die NRW-Landesregierung unter dem Katholiken Armin Laschet (CDU) setzte hingegen auf Absprachen mit den Religionsgemeinschaften, die dann auch von sich aus auf die Zusammenkünfte verzichteten.
Zusätzliche Auflagen für Gottesdienste in NRW
Heute gelten für Gottesdienste in NRW neben dem Abstands- und Maskengebot zusätzliche Auflagen in Regionen ab einer 200er Inzidenz. Die Gottesdienste dürfen dann höchstens 45 Minuten dauern und die Teilnehmerzahl muss noch einmal um 30 Prozent reduziert werden. Auch diese Regeln hat die Staatskanzlei zusammen mit den großen Kirchen erarbeitet.
Probleme gab es zuletzt allerdings mit freikirchlichen Gemeinden, zum Beispiel in Herford und Essen. Zudem untersagte vor Weihnachten der Oberbergische Kreis per Allgemeinverfügung Gottesdienste in fünf seiner Kommunen. Medieninformationen zufolge griff Landrat Jochen Hagt (CDU) zu dem Schritt, weil freikirchliche Christen anders als Protestanten und Katholiken an Präsenzgottesdiensten festhalten wollten. Seit Sonntag sind die Zusammenkünfte im gesamten Kreis verboten. Der Inzidenzwert liegt im Oberbergischen derzeit bei rund 210.
Erzbistum Berlin eine Vorreiterrolle
Vor Weihnachten sagten auch einige evangelische Landeskirchen ihre Präsenzgottesdienste ab, etwa in Westfalen und Lippe. Keines der 27 katholischen Bistümer konnte sich zum Geburtsfest Jesu zu diesem Schritt durchringen – das Erzbistum Berlin hat hier jetzt eine Vorreiterrolle. Vermutlich halten die Landesregierungen weiter an ihrer Linie fest und lassen Gottesdienste unter Auflagen grundsätzlich zu.
Nicht ausgeschlossen ist aber, dass einzelne Bistümer und Landeskirchen oder die Kreise und Städte aktiv werden. Auch in Bayern, das zum Teil hohe Inzidenzen verzeichnet, gibt es Beispiele dafür. So verbietet die fränkische Stadt Coburg seit Silvester religiöse Zusammenkünfte in Gebäuden. Aktuell liegt der Inzidenzwert dort bei rund 250. Und dann gibt es noch die direkt Betroffenen: Die Kirchengemeinden. Die Entscheidung, auf Gottesdienste zu verzichten, wird ihnen wohl auch weiterhin in den meisten Fällen keiner abnehmen.