Kirchen und Gewerkschaften feiern am Mittwoch den arbeitsfreien Sonntag. Kaiser Konstantin hat ihn vor 1.700 Jahren eingerichtet.
Kirchen und Gewerkschaften feiern am Mittwoch den arbeitsfreien Sonntag. Kaiser Konstantin hat ihn vor 1.700 Jahren eingerichtet.
Der römische Kaiser Konstantin schränkte am 3. März vor 1.700 Jahren die Sonntagsarbeit gesetzlich ein. Er erklärte den „Dies solis“ – den „Tag der Sonne“ – zum verpflichtenden reichsweiten Feiertag und zum öffentlichen Ruhetag. Der 3. März 321 kann so als der erste Moment staatlicher Sonntagsschutzgesetzgebung gelten. Darauf weisen das Katholische Stadtdekanat Gelsenkirchen, der Evangelische Kirchenkreis Gelsenkirchen und Wattenscheid sowie der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Region Emscher-Lippe hin.
Ein Geschenk der jüdisch-christlichen Tradition
Die christliche Tradition eines gemeinsamen, regelmäßigen Ruhetages entstammt dem Schabbat des Judentums. „Im Jahr 2021, in dem wir auch 1.700 Jahre jüdischen Lebens in Deutschland feiern können, sollte erinnert werden, dass neben vielen anderen Werten auch der arbeitsfreie Sonntag ein Geschenk der jüdisch-christlichen Tradition an die Menschen ist“, erklären DGB, Kirchenkreis und Stadtdekanat.
Nachdem die frühen Judenchristen den Sabbat als Ruhe- und Friedenstag einhielten, wurde die Feier eines Ruhe- und Gebetstages von den Heidenchristen im Gedenken an die Auferstehung Jesu Christi auf den „Dies solis“ verlegt. Es gab allerdings zunächst noch keine durchgehende „Heilighaltung“ des Sonntags im Sinne eines Tages der Arbeitsruhe. Für die frühen Christen war der „Tag des Herrn“ einerseits Vorgriff auf Gottesgericht und Weltenvollendung, andererseits eine Distanzierung vom vergöttlichten römischen Kaiser bzw. einem Kaiserkult, und damit sowohl Glaubensbekenntnis als auch Politikum.
Sonntagsarbeit gefährdet das Seelenheil
321 erklärte Kaiser Konstantin den „Dies solis“ dann per Edikt zum wöchentlichen Ruhetag: „Alle Richter, die Stadtbevölkerung und die Betriebe aller Gewerbe sollen am verehrungswürdigen Sonn-Tag ruhen.“ Dringende landwirtschaftliche Arbeit war von dieser Regelung ausgenommen.
Im Laufe des Mittelalters entwickelten sich Gebote, die den Christen die Teilnahme am sonntäglichen Gottesdienst vorschrieben, wogegen die Sonntagarbeit als Frevel und das Seelenheil gefährdend galt. Aber die Sonntagsruhe blieb bei den Christen nicht unumstritten. Auch in der Reformation galt sie nicht als wesentlich, bei der „Sonntagsheiligung“ ging es in erster Linie um den Gottesdienstbesuch. Die Französische Revolution führte gar zur Abschaffung jeglicher Feiertage, erst im 19. Jahrhundert wurden erste Arbeitsgesetze erlassen, welche die Sonntagsarbeit einschränkten. Dabei konnte eine „Sonntagskultur“ mit Kaffee und Spaziergang ohnehin nur vom Bürgertum genossen werden, weder Bauern noch Arbeiter konnten einen regelmäßigen Ruhetag genießen.
Grundversorgung muss aufrechterhalten werden
Die Weimarer Reichsverfassung legte 1919 in Artikel 139 schließlich fest: „Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.“ Dies ist auch Bestandteil des Grundgesetzes von 1949 (Artikel 140).
Diesen Tag ohne Arbeit können allerdings lange nicht alle Menschen in Anspruch nehmen. Die Grundversorgung für alle Bürgerinnen und Bürger muss aufrechterhalten, unaufschiebbare Bedürfnisse müssen befriedigt werden. Dabei geben Menschen im Gesundheitswesen, in der Pflege, im Verkehr, in der Gastronomie, in kulturellen Einrichtungen und an vielen anderen Orten ihre Sonntagsruhe auf, um sie anderen zu ermöglichen. Diese Tätigkeiten sind keinesfalls selbstverständlich, und Menschen, die sich trotz des Sonntags betätigen, verdienen nicht nur Wertschätzung, sondern auch besondere Vergütung und Dank. Sonntagsarbeit ist keine reguläre Arbeit und sollte daher eng umgrenzt bleiben, Ausnahmen von der Sonntagsruhe nur auf das Notwendigste beschränkt werden.
Schutz des Grundgesetzes nicht aushöhlen
„Der Sonntag unterbricht den Alltag, gibt dem Leben Rhythmus, schafft individuelle Freiräume, verbindet Menschen und fördert das Gemeinwohl. Im Bewusstsein vieler Menschen ist der Sonntag daher als wichtiges und schützenswertes ‚Kulturgut‘ tief verankert“, so DGB, Kirchenkreis und Stadtdekanat.
Deshalb setzten sich die christlichen Kirchen, viele Verbände und Gewerkschaften besonders für den Schutz des Sonntags als arbeitsfreien Tag ein. DGB, Kirchenkreis und Stadtdekanat fordern die Politik auf, insbesondere gegen Versuche vorzugehen, noch mehr Menschen an einem Sonntag arbeiten zu lassen. Der besondere Schutz des Grundgesetzes, den der Sonntag genießt, dürfe nicht durch ständige Ausnahmegenehmigungen ausgehöhlt werden. Ein beliebiger anderer freier Tag habe eben nicht die Qualität, die ein Sonntag habe.