Kritik an Kardinal Woelki wächst wieder

In der Debatte um den Umgang mit Missbrauchsfällen nimmt die Kritik an Kardinal Rainer Maria Woelki und der gesamten Leitung des Erzbistums Köln wieder zu.
In der Debatte um den Umgang mit Missbrauchsfällen nimmt die Kritik an Kardinal Rainer Maria Woelki und der gesamten Leitung des Erzbistums Köln wieder zu.

Kardinal Rainer Maria Woelki –Foto: rwm

In der Debatte um den Umgang mit Missbrauchsfällen nimmt die Kritik an Kardinal Rainer Maria Woelki und der gesamten Leitung des Erzbistums Köln wieder zu. Ranghohe Geistliche, Gemeindepfarrer und katholische Laien verweisen dabei vor allem auf den Fall des Priesters D., den Woelki 2017 trotz des Vorwurfs sexueller Übergriffe zum stellvertretenden Düsseldorfer Stadtdechanten ernannte. Wenn Priester befördert würden, die als Missbrauchstäter bekannt seien, werfe das berechtigte Anfragen auf an den Umgang mit Verantwortung in der Bistumsleitung und auch an Woelki persönlich, sagte der Bonner Stadtdechant Wolfgang Picken in der aktuellen Folge seines Podcasts „Spitzen aus Kirche und Politik“.

Klare Kritik von zwei Stadtdechanten

D. war 2017 befördert worden, obwohl er vor 20 Jahren sexuellen Kontakt zu einem damals 17 Jahre alten Prostituierten hatte. Der Kölner Generalvikar Markus Hofmann verteidigte dies als Gewähren einer neuen Chance. Denn den einmaligen Vorfall im Jahr 2001 habe der Priester gestanden und bereut. Zudem habe es sich damals weder nach kirchlichem noch nach weltlichem Recht um eine Straftat gehandelt. Auf weitere Vorwürfe gegen den Geistlichen angesprochen, die bei der Beförderung bekannt gewesen seien, sagte Hofmann, dass es sich dabei nur um anonyme und von D. abgestrittene Vorhaltungen und Gerüchte gehandelt habe.

Der Kölner Stadtdechant Robert Kleine bezeichnete es auf Twitter und Facebook als gravierenden Fehler, „das Fehlverhalten von Geistlichen danach zu bewerten, ob es strafrechtlich oder kirchenrechtlich justiziabel war oder ist“. Der Düsseldorfer Pfarrer Ansgar Steinke schloss sich dieser Meinung an. Es erstaune ihn sehr, dass bei der Ernennung D.s „offenbar alle Augen zugedrückt wurden“, sagte er der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Pfarrer Klaus Koltermann aus Dormagen warf Woelki eine Blockadehaltung vor. „Ist er wahrnehmungsgestört oder so bösartig, dass er das Bistum wissentlich gegen die Wand fahren will mit dem Ergebnis, den Gemeinden und dem Bistum zu schaden“, fragte er. In seiner Pfarrei hätten sich Wut und Entsetzen breit gemacht.

Große Empörung

Nach Ansicht des Bonner Stadtdechanten Picken dürfen Menschen, die sich sexuell an Kindern und Jugendlichen vergangen haben, nicht mehr als Priester eingesetzt werden. „Dass das nicht sofort eingesehen und entsprechend reagiert wird, erklärt die gegenwärtige Empörung und die Vertiefung der Krise“, so Picken. Das Erzbistum müsse auf diese Vorwürfe reagieren und „schnell eine Haltung“ entwickeln. Der Kölner Katholikenausschuss zeigte sich ebenfalls „fassungslos“ über die Beförderung. Die Verantwortlichen dächten offenbar nur in straf- oder kirchenrechtlichen Verteidigungsstrategien, kritisierte die Laienvertretung. Ethisch-moralische oder gar christliche Wertmaßstäbe spielten wohl keine Rolle.

Heftige Kritik hatte es bereits im Vorfeld der Veröffentlichung eines Missbrauchsgutachtens für das Erzbistum Köln Mitte März gegeben. Darin weisen Juristen um den Strafrechtler Björn Gercke hohen Amtsträgern im Erzbistum Fehlverhalten im Umgang mit Missbrauchsfällen nach. Woelki selbst wird durch den Gercke-Report entlastet. Auch im Fall D. erkannten die Juristen keine eindeutige Pflichtverletzung.

Von Anita Hirschbeck (KNA)