Päpstliche Kontrolleure kommen schon nächste Woche nach Köln

Die von Papst Franziskus beauftragten Kontrolleure werden ab der kommenden Woche zur Apostolischen Visitation in Köln sein.
Kölner Dom, Erzbistum Köln

(Symbolfoto: SatyaPrem/Pixabay)

Die am Freitag überraschend angekündigte päpstliche Kontrolle im Erzbistum Köln soll in der kommenden Woche beginnen, wie am Wochenende bekannt wurde. Zugleich wandte sich Kardinal Rainer Maria Woelki an alle Katholiken seines Bistums und betonte, die Visitation sei kein Misstrauensvotum. Unterdessen berichtete der “Kölner Stadt-Anzeiger”, dass Woelki noch vor der Ankunft der Visitatoren die komplette Leitung des Priesterseminars in Bonn austauschen wolle.

ie von Papst Franziskus beauftragten Kontrolleure werden ab der kommenden Woche zur Apostolischen Visitation in Köln sein. Das sagte der Kölner Generalvikar Markus Hofmann am Sonntag dem bistumseigenen Portal domradio.de: “Sie werden im Maternushaus wohnen, also direkt gegenüber vom Erzbischöflichen Haus. Wir werden Ihnen alles zur Verfügung stellen, was Sie brauchen: an Logistik, an Unterstützung, an Informationen natürlich. Sie werden uns dann mitteilen, was sie möchten, wie Sie vorgehen möchten.”

Gesprächswünsche der Visitatoren

In einem ungewöhnlichen Schritt hatte der Papst am Freitag eine offizielle Überprüfung Überprüfung für das Erzbistum angeordnet. Dazu ernannte er den Stockholmer Kardinal Anders Arborelius und den Rotterdamer Bischof Hans van den Hende zu Apostolischen Visitatoren. Diese sollen sich in der ersten Junihälfte “vor Ort ein umfassendes Bild von der komplexen pastoralen Situation im Erzbistum Köln verschaffen”. Außerdem sollen sie untersuchen, ob der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki, der Hamburger Erzbischof Stefan Heße und die Kölner Weihbischöfe Dominikus Schwaderlapp und Ansgar Puff Fehler gemacht haben beim Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs.

Kardinal Arborelius habe sich bereits bei Kardinal Woelki gemeldet, berichtete Hofmann weiter: “Es gibt demnächst sicher das eine oder andere Telefonat zwischen den beiden Kardinälen, um die Dinge vorzubereiten.” Die Visitatoren entschieden dann selbst, wie sie vorgehen möchten: “Wir werden sie dabei nach Kräften unterstützen.” Es gebe auch schon Gesprächswünsche, so der Generalvikar weiter: “Der Diözesanrat hat sich schon gemeldet und die Visitatoren zur Vollversammlung am 16. Juni eingeladen. Es gibt sicherlich weitere Gruppen, Kreise, Einzelpersonen, mit denen Gespräche zu führen sind.”

Woelki sieht keine Misstrauenserklärung

Wie lange die Visitatoren vor Ort bleiben, stehe noch nicht fest, fügte Hofmann hinzu: “Zwei Wochen ist wahrscheinlich das Maß, von dem wir ausgehen sollten. Ich denke, besonders wichtig und entscheidend ist das, was Kardinal Woelki ja am Freitag schon erklärt hat: dass er die Visitation mit voller Überzeugung unterstützt und als Chance begreift, die Situation im Bistum gut anzuschauen, dass er gemeinsam mit allen Menschen im Erzbistum die Visitatoren begrüßen möchte und ihnen helfen möchte, ihre Aufgabe zu erfüllen. Dabei möchte ich ebenso mit voller Kraft mithelfen.”

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki bewertet die vom Papst angeordnete Untersuchung im Erzbistum nicht als eine Art Misstrauenserklärung. Diese Deutung einer Apostolischen Visitation gebe es zwar, aber kein kirchliches Dokument enthalte eine solche Aussage. In einem am Sonntag veröffentlichten “Wort des Bischofs” fügte Woelki hinzu, diese Aussage finde sich auch nicht in einem Brief der römischen Bischofskongregation an ihn. Darin heiße es vielmehr, dass “man mir persönlich und der mir anvertrauten Kirche in einer Zeit großer Bedrängnis und Prüfung beistehen” möchte.

Blick von außen

In der Botschaft auf dem bistumseigenen Portal domradio.de sagte Woelki weiter: “Der Blick der beiden Visitatoren von außen kann wertvolle Hinweise geben, was bei der Aufarbeitung schiefgelaufen ist und was noch zu tun ist. Es ist eine Chance.” Unterdessen erklärte der Kirchenrechtler Thomas Schüller in Interviews, die Untersuchung sei ein „klares Misstrauensvotum“.

Woelki erklärte, er sei froh, dass sich beide Visitatoren vor Ort einen eigenen Eindruck verschaffen könnten. “Das ist aus der Ferne einfach nicht leistbar.” In der Tat sei durch die Aufarbeitung “viel Unruhe in unserem Bistum entstanden”, sagte der Kardinal. “Ich bin aber der tiefen Überzeugung, dass wir als Christen nicht die Zukunft gewinnen können, wenn wir uns nicht mit der Vergangenheit auseinandersetzen. Aufarbeitung ist alternativlos.”

Woelki: Erst am Anfang der Aufarbeitung

Der Erzbischof betonte erneut, wer auch immer sich an das Feld der Aufarbeitung heranmache, trete allen auf die Füße, “auch sich selbst”. Ihm werde, so Woelki, immer mehr bewusst, was die Aufarbeitung von Schuld alles auslöse und wie sie die Perspektive verdrehe: “Wer redet im Moment noch über Täter? Wer über die Betroffenen? Wer über Strukturen und Prozesse, die verändert werden müssen?” Er fügte hinzu. “Alles, was der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt und der Bewältigung der komplexen Situation dient, ist gut.”

Woelki unterstrich, man stehe “noch am Anfang der Aufarbeitung, und schon gibt es Gräben, die scheinbar immer tiefer werden”. Er sprach von einem “Gift der Polarisierung” und einem “offenen Gegeneinander”, das Christen überwinden müssten. Die Botschaft des Erzbischofs endet mit den Worten: “Ich werbe für einen neuen Geist des christlichen Miteinanders. Auf diesen Weg möchte ich mich zusammen mit allen Menschen im Erzbistum machen.”

Domkapitel begrüßt Untersuchung des Vatikan

Unterdessen begrüßte auch das Kölner Domkapitel die Anordnung der Apostolischen Visitation durch Papst Franziskus. Dompropst Guido Assmann erklärte am Wochenende, das Gremium stehe ebenso wie die einzelnen Kapitulare “den Visitatoren selbstverständlich zum Gespräch zur Verfügung”. Man werde die Untersuchung im Gebet um Einheit und Frieden begleiten. Zum Kölner Metropolitankapitel gehören Priester oder Bischöfe des Erzbistums. Zu ihren Tätigkeit zählt die Seelsorge an der weltbekannten gotischen Kathedrale und die Verwaltung ihrer Güter. Außerdem haben sie das Recht, im Fall einer Vakanz aus einer Dreierliste des Papstes einen neuen Erzbischof zu wählen.

Anders als die Entsendung eines Administrators bedeutet eine Visitation prinzipiell keine vorübergehende Entmachtung des visitierten Bischofs. Demnach könnte Woelki seine Arbeit ohne Einschränkung fortsetzen. Allerdings verweisen Experten auch darauf, dass sich die konkreten Rechtsbefugnisse in der Regel aus dem – hier bisher nicht bekannten – Ernennungsschreiben ergäben, denn die Funktion des päpstlichen Visitators sei im kirchlichen Gesetzbuch nicht konkret geregelt. Verschiedentlich heißt es auch, der visitierte Bischof müsse wichtige Entscheidungen in Rück- oder Absprache mit den Visitatoren treffen.

Überraschender Personalwechsel im Priesterseminar

Laut einem Bericht des “Kölner Stadt-Anzeigers” vom Wochenende will der Kölner Kardinal Woelki derweik am Montag die komplette Leitung des Priesterseminars in Bonn austauschen. Demnach soll der bisherige Leiter (Regens), Pater Romano Christen, durch Pfarrer Regamy Thillainathan ersetzt werden. Dieser leitet derzeit die Diözesanstelle “Berufe der Kirche”. Dass unmittelbar vor Eintreffen der Abordnung aus Rom eine so grundlegende Personalentscheidung getroffen wird, dürfte bei den Visitatoren Fragen aufwerfen.

Christens Stellvertreter Tobias Hopmann soll dem Bericht zufolge durch den bisherigen Studienbegleiter (Repetent) Markus Söhnlein ersetzt werden. Die Stelle von Pfarrer Axel Hammes, der als Spiritual für die geistliche Begleitung der Studenten verantwortlich war, solle Pfarrer Ralf Neukirchen übernehmen, der bisher in Köln-Chorweiler tätig ist. Nach Angaben des “Stadt-Anzeigers” wollte sich das Erzbistum bisher nicht zu den Hintergründen äußern. Auch eine Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) blieb bis Sonntagmittag unbeantwortet.

Momentan bereiten sich 23 Männer im Bonner Collegium Albertinum auf die Priesterweihe vor. Derzeit leben alle Priesteranwärter des Erzbistums Köln dort, weil das Priesterseminar in Köln, wohin sie normalerweise nach dem Studium wechseln, saniert wird. Seit 2001 unterhält das Erzbistum zudem in Bonn ein weiteres Priesterseminar. In dieser Einrichtung “Redemptoris Mater Köln” wohnen Männer, die der geistlichen Gemeinschaft “Neokatechumenaler Weg” angehören und teils aus Mittel- und Südamerika stammen.

Pfarrer Regamy Thillainathan sorgte für Schlagzeilen

Pfarrer Regamy Thillainathan hatte in den letzten Monaten für Schlagzeilen gesorgt, als er mitten in einer Videokonferenz einen persönlichen Anruf von Papst Franziskus auf seinem Handy erhielt. Er habe geglaubt, seine Mutter sei am Telefon und habe daher fast nicht abgenommen, berichtete er. Hintergrund des Anrufs war eine persönliche Begegnung im Vatikan, wo er dem Papst einen persönlichen Brief überreicht hatte, in dem es unter anderem um die Theologiestudierenden im Erzbistum Köln gegangen sei.

Außerdem hatte sich Thillainathan, der in Neuss aufwuchs und dessen Eltern aus Sri Lanka kommen, in letzter Zeit häufiger kritisch zum Thema Rassismus geäußert und dabei auch Fälle von strukturellem Rassismus in der Kirche angeprangert.

Woelki hielt an umstrittenen Priesterausbilder fest

Der bisherige Leiter des Seminars, Pater Romano Christen, hatte mit Aussagen über Homosexualität für Empörung gesorgt. Anfang 2019 hatte er in einem Vortrag vor Studenten seines Hauses unter anderem gesagt, Homosexualität sei “Folge einer psychologischen (Fehl-)Entwicklung”. Dagegen gebe es “von der Schwulen-Lobby” dämonisierte Therapien, die Männer erfolgreich bestanden hätten. Bei homosexueller Liebe gehe es um eine narzisstische Suche nach Männlichkeit und “weniger um die reale Begegnung mit einem Du”. Männer mit tief sitzender homosexueller Tendenz könnten nicht geweiht werden.

Kardinal Woelki hatte einige Äußerungen Christens kritisiert, hielt an dem Pater als Priesterausbilder aber fest. “Wir alle machen Fehler, ich auch, und es ist wichtig, dass ein einzelner Fehler nicht alles andere überschattet”, erklärte der Kardinal nach einem Gespräch mit dem Theologen, der 1960 in der Schweiz geboren wurde. Christen selbst bezeichnete seinen Vortrag im Nachhinein als unzulänglich. Er habe homosexuelle Menschen nicht verletzen wollen und bitte um Entschuldigung.

rwm/kna

Maria 2.0 bittet Papst um Kontrollbesuch in Köln