Den katholischen Münsteraner Bischof Felix Genn macht die Vertrauenskrise im Erzbistum Köln „traurig und auch ratlos“.
Münster – Den katholischen Münsteraner Bischof Felix Genn macht die Vertrauenskrise im Erzbistum Köln „traurig und auch ratlos“. Im Interview des Münsteraner Portals Kirche und Leben verneinte Genn am Donnerstag aber die Frage, ob er wütend auf den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki sei. Der Kardinal befinde sich „in einer leidvollen Situation – aber die vielen Menschen in den Gemeinden und die vielen engagierten Christinnen und Christen ebenso“, so Genn.
Genn hat Anzeigen gegen Woelki weitergegeben
In der Erzdiözese Köln wird seit mehr als einem Jahr um die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen gerungen. Zudem stoßen an der Kirchenbasis Pläne auf Kritik, aus rund 500 meist kleineren Pfarreien etwa 50 bis 60 Großpfarreien zu formen. Im Juni kamen zwei Bischöfe im Auftrag des Papstes nach Köln, um eine Woche lang die Erzdiözese zu überprüfen. Auf der Basis ihres Berichtes entscheidet Franziskus über die Zukunft von Woelki. Dieser hat Rücktrittsforderungen entschieden zurückgewiesen.
Nach den Worten von Genn gibt es vermehrte Kirchenaustritte auch in seinem Bistum. „Daran sehen Sie, dass einzelne Situationen in deutschen Diözesen und in der Weltkirche auch die Entscheidung von Menschen im Bistum Münster beeinflussen – ja sogar über den katholischen Rahmen hinaus.“ Der Kölner Erzbischof sei aber nicht der alleinige Grund für die vielen Kirchenaustritte.
„Höchstpersönliche Entscheidung“
Zwei beim Bistum Münster eingegangene Anzeigen gegen Woelki habe er pflichtgemäß an den Vatikan weitergegeben, von dort aber keine Antwort erhalten, führte Genn aus. „Aber ich weiß, dass an den Fragen gearbeitet wird.“ Als Mitglied der Bischofskongregation könne er sagen: „Dort wird äußerst zuverlässig gearbeitet.“
Genn äußerte sich auch zum Angebot des Münchner Kardinals Reinhard Marx, auf sein Amt zu verzichten und so Mitverantwortung zu tragen für „institutionelles oder systemisches Versagen“. Dies sei eine „höchst persönliche Entscheidung“ gewesen, so Genn. „Das kann ich nachvollziehen, wenn auch ich selber mir das in dieser Schärfe nicht zu eigen machen kann.“ Die ablehnende Antwort von Papst Franziskus auf das Rücktrittsgesuch sei „vor allem auf der spirituellen Ebene zu verstehen“, wenngleich sie auch politische Auswirkungen habe.
„Keiner Schuld bewusst, doch bin ich dadurch noch nicht gerecht gesprochen“
Auf seinen eigenen Umgang mit Missbrauchsfällen angesprochen, zitierte der Bischof ein Wort des Apostels Paulus: „Ich bin mir zwar keiner Schuld bewusst, doch bin ich dadurch noch nicht gerecht gesprochen.“ Genn war Weihbischof im Bistum Trier und Bischof von Essen, bevor er im März 2009 an die Spitze der Diözese Münster wechselte. Dort erstellen derzeit Wissenschaftler um den Hamburger Historiker Thomas Großbölting ein Missbrauchsgutachten.
In dem Interview mit dem Portal beklagt eine „Krise des Bischofsamtes“. Gläubige hinterfragten nicht nur die Gestalt des Priesteramtes, sagte Genn. „Wie die Priester sind auch wir Bischöfe fundamental in Frage gestellt“.Zwar ist laut Genn in der katholischen Kirche das sakramentale Amt „gesetzt, aber es muss doch nicht so gesetzt sein, wie es sich im 19. Jahrhundert dargestellt hat und vielen immer noch vertraut ist“.
Der Bischof plädierte für einen kooperativen Führungsstil auf Pfarrei- und Bistumsebene. „Personalentscheidungen gehen für mich nicht ohne kollegiale Beratung“, sagte der Bischof. Unverständnis bekundete Genn darüber, „dass es immer noch Menschen gibt, die nur zu gerne Bischof werden möchten“. Denn es „zerreißt bisweilen“, im Bischofsamt Lösungen für sich potenzierende Probleme zu finden. Genn ist Mitglied der Bischofskongregation im Vatikan. Sie ist für die Auswahl von Bischöfen und disziplinarische Maßnahmen gegen Oberhirten in aller Welt zuständig.