Theologe und Betroffener von Missbrauch verteidigen Reformdialog

Der Bochumer Theologe Matthias Sellmann weist die Kritik einiger Teilnehmer an der Diskussionskultur beim katholischen Reformprojekt Synodaler Weg zurück.
Bochum/Regensburg – In einem überraschenden Vorstoß haben Bischof Voderholzer und andere Kritiker alternative Vorschläge zum katholischen Reformprojekt Synodaler Weg veröffentlicht. Ihre Kritik stößt jetzt auf Widerspruch. Der Bochumer Theologe Matthias Sellmann wies am Wochenende die Kritik an der Diskussionskultur zurück und forderte die Kritiker auf, "diese missverständliche Äußerung, die den Synodalen Weg als Prozess diskreditiert, öffentlich zurückzunehmen". Zugleich warf er ihnen vor, sich zum Teil nicht wirklich aktiv in die Debatten eingebracht zu haben.

Matthias Sellmann –Foto: die pastorale!/Walter Wetzler

In einem überraschenden Vorstoß haben Bischof Voderholzer und andere Kritiker alternative Vorschläge zum katholischen Reformprojekt Synodaler Weg veröffentlicht. Ihre Kritik stößt jetzt auf Widerspruch. Der Bochumer Theologe Matthias Sellmann wies am Wochenende die Kritik an der Diskussionskultur zurück und forderte die Kritiker auf, “diese missverständliche Äußerung, die den Synodalen Weg als Prozess diskreditiert, öffentlich zurückzunehmen”. Zugleich warf er ihnen vor, sich zum Teil nicht wirklich aktiv in die Debatten eingebracht zu haben.

Inhaltliche Kritik an den Alternativtexten kam vom Bochumer Theologen Thomas Söding und von Johannes Norpoth, der als Betroffener sexualisierter Gewalt und Mitglied im Betroffenenbeirat bei der Bischofskonferenz Gast im Synodalforum I zu Macht und Gewaltenteilung ist. Die beiden weisen in einer längeren Analyse, die der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) vorliegt, unter anderem darauf hin, dass hier eine kleine Minderheit – 4 von 35 Mitgliedern des Forums – einen bereits im Februar verabschiedeten Grundtext kritisiere, der “eingehend beraten, sorgfältig, auch kontrovers diskutiert, aber immer mit überwältigenden Mehrheiten beschlossen” worden sei.

Wenn die Kritiker “als Opposition Einfluss auf den Gang der Beratungen nehmen wollen, dürfen sie allerdings nicht nur mit sich selbst im Gespräch sein, sondern müssen sich in den Entscheidungsprozess konstruktiv einbringen, einschließlich der Beachtung von Fristen, von Redezeiten und Abstimmungsverfahren”. Inhaltlich rede der Alternativtext die Aufgaben klein, an deren Lösung die Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland hänge. So gebe es eben nicht nur persönliches Versagen, sondern auch systemische Ursachen für den Missbrauch und andere Probleme. Die notwendige Beachtung der Geschlechtergerechtigkeit, der stärkeren Mitverantwortung von Laien und einer “tiefgreifenden Umgestaltung der kirchlichen Sexualmoral” werde in dem Text nicht ausreichend thematisiert oder sogar verleugnet.

Stattdessen werde dem Vorschlag der Mehrheit “denunziatorisch vorgeworfen, nicht mehr katholisch zu sein, weil angeblich das Weiheamt ausgehöhlt werde, wenn von geteilter Leitungsverantwortung, effektiver Machtkontrolle und notwendiger Rechenschaft gesprochen wird”. Der Alternativtext, so Söding und Norpoth weiter, halte stattdessen an Führungsmodellen aus der Vergangenheit fest und an “klerikalen Privilegien, die als sakrosankt gelten sollen”.

Am Freitag hatten der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer und einige weitere Synodale aus Unzufriedenheit mit dem Fortgang des Synodalen Wegs eine neue Internetplattform für alternative Reformvorschläge gestartet. Dabei hatten sie unter anderem erklärt, ihre Argumente seien in den bisherigen Debatten zwar vorgebracht, aber “aufgrund der dort herrschenden Mehrheitsverhältnisse” bisher nicht berücksichtigt worden. Der Bonner Stadtdechant Wolfgang Picken, die Wiener Theologin Marianne Schlosser, die Journalistin Alina Oehler und Augsburgs Weihbischof Florian Wörner hatten daher einen Alternativtext zu den offiziellen Vorschlägen des Forums I verfasst.

Der Synodale Weg ist ein Reformprojekt, das die Deutsche Bischofskonferenz und die Laienvertretung ZdK (Zentralkomitee der deutschen Katholiken) 2019 gestartet haben – vor allem als Reaktion auf den Missbrauchsskandal und die daraus resultierende Vertrauenskrise. In vier thematischen Foren diskutieren die mehr als 200 Delegierten über die Themen Sexualmoral, priesterliche Lebensform, Macht und Gewaltenteilung sowie die Rolle von Frauen in der Kirche.

Von Gottfried Bohl (KNA)

Theologische Drahtseilakte beim Synodalen Weg