Vor dem Hintergrund des Russland-Ukraine-Kriegs werben der Papst und andere hochrangige Kirchenführer weiter für Frieden. Am Freitagmittag besuchte Franziskus überraschend die Russische Botschaft beim Heiligen Stuhl. Wie das vatikanische Presseamt bestätigte, brachte er im Gespräch mit Botschafter Alexander Awdejew „seine Sorge über den Krieg zum Ausdruck“.
Vatikanstadt/Moskau – Vor dem Hintergrund des Russland-Ukraine-Kriegs werben der Papst und andere hochrangige Kirchenführer weiter für Frieden. Am Freitagmittag besuchte Franziskus überraschend die Russische Botschaft beim Heiligen Stuhl. Wie das vatikanische Presseamt bestätigte, brachte er im Gespräch mit Botschafter Alexander Awdejew „seine Sorge über den Krieg zum Ausdruck“.
Twitter-Videos zufällig anwesender Journalisten zeigten einen Fiat 500 mit dem Papst, wie er das Botschaftsgelände verlässt, das wenige hundert Meter vom Petersplatz entfernt liegt. Der Botschafter Moskaus sagte später russischen Medien, der Papst habe sich „sehr besorgt über die Situation der gesamten Bevölkerung“ gezeigt und dazu aufgerufen, die Menschen zu verschonen.
Patriarch Kyrill I. fordert „schnelle Wiederherstellung des Friedens“
Die russisch-orthodoxe Kirche sieht derweil weiter von einer Verurteilung des Angriffs russischer Streitkräfte auf die Ukraine ab. Ihr Oberhaupt Patriarch Kyrill I. forderte am Donnerstagabend in Moskau allerdings „alle Konfliktparteien auf, alles zu tun, um Opfer unter der Zivilbevölkerung zu vermeiden“. Zudem rief er zu Gebeten für eine „schnelle Wiederherstellung des Friedens“ auf.
Kyrill I. erwähnte in seiner schriftlichen Botschaft weder Kreml-Chef Wladimir Putin noch sprach er die Militäroffensive Russlands an. Er nehme mit tiefem Schmerz das Leid der Menschen wahr, „das durch das Geschehen verursacht wird“, so der Patriarch. Die Worte „Krieg“ oder „Militär“ gebrauchte er an keiner Stelle. Er habe tiefes Mitgefühl mit allen, die von „Unheil“ betroffen seien. Die russisch-orthodoxe Kirche zählt seit langem zu den offenen Unterstützern Putins. Erst am Mittwoch hatte Kyrill I. wie der Kreml behauptet, Russland werde an seinen Grenzen bedroht.
„Ungerechte Aggression der Russischen Föderation“
Der Kiewer Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk, Vertreter der griechisch-katholischen Kirche des Landes, meldete sich am Freitag mit einer Videobotschaft zu Wort. Darin kritisierte er erneut die „ungerechte Aggression der Russischen Föderation“ und bat die internationale Gemeinschaft um Hilfe. „Wir bitten um Ihre Solidarität in dieser für unser Volk schwierigen Zeit“, so der Geistliche.
Der Weltkirchenrat (ÖRK) wandte sich in einer Erklärung direkt an den russischen Präsidenten und forderte ihn auf, „den Krieg zu stoppen und den Frieden für die Ukraine sowie für die gesamte Bevölkerung wiederherzustellen“. Unterdessen öffnet die orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats in der Ukraine die Keller ihrer Kirchen in Kiew für Schutzsuchende. Metropolit Onufri habe das entschieden, um Sicherheit vor Granaten und Bomben zu bieten, teilte die russlandfreundliche Kirche am Freitag mit.
Während die Kämpfe am Freitag weitergingen, signalisierte Russland am Nachmittag seine Bereitschaft zu Friedensverhandlungen mit der Ukraine. Moskau sei bereit, eine russische Delegation zu Gesprächen in die belarussische Hauptstadt Minsk zu schicken, teilte Kremlsprecher Dmitri Peskow mit. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte zuvor bereits mehrfach ein Angebot für ein Treffen mit dem russischen Staatschef unterbreitet.
Hilfswerke und Kirchen fordern Ende der Gewalt in der Ukraine
Angesichts der anhaltenden russischen Attacken auf die Ukraine fordern Kirchen und Hilfsorganisationen ein Ende der Gewalt. Vertreter der christlichen Kirchen verurteilten in einer Stellungnahme am Freitag gemeinsam den Krieg und riefen für den frühen Sonntagabend zu Friedensgottesdiensten und Gebeten für die Ukraine auf. „Unsere Bestürzung und Beklemmungen angesichts des Krieges tragen wir im Gebet vor Gott, der sich am Ende immer als mächtiger erweist als die Mächtigen dieser Erde“, sagte der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing.
Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, sprach der Ukraine die Solidarität aus und würdigte länderübergreifende Proteste gegen das Vorgehen Russlands. In vielen deutschen Städten sind für das Wochenende Solidaritäts- und Friedenskundgebungen geplant.
Zu einer großen Friedensdemonstration in Berlin ruft für Sonntag ein Bündnis aus Kirchen, Gewerkschaften und zivilgesellschaftlichen Organisationen auf. Die beteiligten Organisationen, darunter die katholische Friedensbewegung pax christi, Brot für die Welt, das Netzwerk Friedenskooperative und die Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF), fordern ein sofortiges Ende der Kampfhandlungen und die Wiederaufnahme diplomatischer Verhandlungen für eine neue Sicherheitsordnung in Europa.
Hilfsorganisationen leisten derweil Nothilfe in der Ukraine und ihren Nachbarstaaten. Der Malteser Hilfsdienst berichtete, dass die Versorgung in der Ukraine zunehmend schwieriger werde. „Benötigt werden insbesondere Alltagsmedikamente sowie Feldbetten, Decken, Lebensmittel und Bargeld, um die vielen Menschen zu versorgen“, sagte der Leiter der Nothilfeabteilung von Malteser International, Oliver Hochedez.
Die Hilfsorganisation Care äußerte sich besorgt über mangelnden Zugang zu lebenswichtigen Ressourcen und Dienstleistungen für die Menschen im Kriegsgebiet. Das Kindermissionswerk „Die Sternsinger“ erklärte: „Wie immer sind es die Kinder, die unter dem Krieg und dessen Folgen am meisten leiden. Wir alle sind schockiert und fassungslos, wenn wir die Bilder im Fernsehen sehen. Die Mädchen und Jungen in der Ukraine erleben Bomben, Granaten und Luftangriffe hautnah.“
Die Hilfsorganisationen rechnen mit zunehmenden Fluchtbewegungen von Menschen in die ukrainischen Nachbarländer und nach Deutschland. Caritas International gab an, ihre deutschen Einrichtungen seien auf die Versorgung und Aufnahme von Geflüchteten vorbereitet.
Der Rat für Migration kritisierte, Deutschland und die EU seien schlecht auf größere Flüchtlingszahlen vorbereitet. Er forderte die EU auf, zur unkomplizierten Aufnahme von Ukrainerinnen und Ukrainern die sogenannte Massezustroms-Richtlinie anzuwenden. Laut Presseberichten hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bereits am Donnerstag erwogen, mit dieser Richtlinie die Aufnahme von Geflüchteten ohne individuelle Asylverfahren zu ermöglichen.
Die bundesweite Arbeitsgemeinschaft der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer (BAfF) forderte die Bundesregierung dazu auf, unverzüglich Maßnahmen zur Unterbringung der Menschen sicherzustellen. Auch psychosoziale Begleitung müsse für vielfach traumatisierte Geflüchtete angeboten werden.