Bischöfe an Ostern: Hoffnung ist ein Lebensmittel

Der Krieg in der Ukraine hat die Osterfeierlichkeiten der Christen in Deutschland geprägt. Die katholischen Bischöfe riefen in ihren Predigten zum Einsatz für den Frieden auf; das könne auch persönlichen Verzicht bedeuten.
Bonn – Der Krieg in der Ukraine hat die Osterfeierlichkeiten der Christen in Deutschland geprägt. Die katholischen Bischöfe riefen in ihren Predigten zum Einsatz für den Frieden auf; das könne auch persönlichen Verzicht bedeuten. Erstmals seit zwei Jahren konnten die Gottesdienste der Kar- und Ostertage wieder ohne Corona-Einschränkungen stattfinden.

Kardinal Reinhard Marx –Foto: Erzbischöfliches Ordinariat München (EOM) / Lennart Preiss

Der Krieg in der Ukraine hat die Osterfeierlichkeiten der Christen in Deutschland geprägt. Die katholischen Bischöfe riefen in ihren Predigten zum Einsatz für den Frieden auf; das könne auch persönlichen Verzicht bedeuten. Erstmals seit zwei Jahren konnten die Gottesdienste der Kar- und Ostertage wieder ohne Corona-Einschränkungen stattfinden.

Nach Einschätzung des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, ist Hoffnung ein „Lebensmittel“. Nur wer hoffe, könne sein Leben gut führen. Wer die Hoffnung verlerne, verlerne das Zutrauen zum Leben. Die Welt sei wahrhaftig kein Paradies, fügte Bätzing hinzu. Die Hoffnung, dass sich demokratische Bewegungen gegenüber autokratischen Systemen durchsetzen könnten, dass internationale Konflikte eher durch Dialog und diplomatisches Geschick zu lösen wären als durch Wettrüsten und Krieg, sei erneut ins Wanken geraten. Die Pandemie und der Klimawandel träfen viele Menschen hart. „Wir mit unserem Lebensstil haben Anteil daran“, so der Bischofskonferenz-Vorsitzende. Doch dürfe man die Hoffnung nicht aufgeben, dass sich die Welt zum Guten verändern könne – „ja, dass wir alles daran setzen müssen, weil wir sonst keine Zukunft haben“, so Bätzing.

Der Münchner Kardinal Reinhard Marx sieht durch den Krieg in der Ukraine die Gefahr, in „alte Feindbilder“ zurückzufallen. Damit würde einer „Logik des Kriegs“ gefolgt, wodurch „menschliche Herzen, Köpfe und Seelen über Generationen durch Hass vergiftet“ würden, sagte Marx im Münchner Liebfrauendom.
Natürlich hätten die Menschen das Recht, ihr eigenes Leben und das ihrer Mitmenschen, der vielen Unschuldigen zu verteidigen und zu schützen, so der Kardinal. Dennoch stelle sich die Frage, wie das weiter gehe. Auch wenn es derzeit schwerfalle, die Osterbotschaft zu verkünden, sei dies „doch nötiger als je zuvor“.

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki erinnerte an die Rolle der Frauen in der Geschichte der Auferstehung Jesu. Es seien die Frauen gewesen, „die voll glaubenden Vertrauens in Worte fassen, was ihnen widerfährt“, sagte er im Kölner Dom. „Auch von Unverständnis, Ablehnung und Spott lassen sie sich nicht irritieren.“ Wer für sich behalte, was ihm im Innersten wichtig sei, dem begegne weder Unverständnis noch Spott, so Woelki. „Aber ich kann dann auch nicht erfahren, was die Frauen am Ostermorgen erfahren: Dass es nicht beim Spott und der Ablehnung bleibt.“

Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode rief dazu auf, sich von der Corona-Pandemie und vom Krieg in der Ukraine nicht entmutigen zu lassen. Die Christen sollten sich für Leben und Frieden einsetzen. Dies könne sich etwa in der Zuwendung für die vielen Tausend Geflüchteten ausdrücken. Vom derzeitigen Engagement in der Migrations- und Flüchtlingshilfe zeigte sich der Bischof „erstaunt und berührt“. Mit Blick auf die russisch-orthodoxe Kirche sagte Bode, er sei sicher, „dass auch in Russland ganz viele Menschen zutiefst diese Sehnsucht nach Leben und Frieden teilen, wenn sie in diesem Jahr das Halleluja anstimmen“.

Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick rief die Menschen auf, für Sanktionen gegen Russland Einschränkungen zu akzeptieren, etwa Abstriche bei der Versorgung mit Lebensmitteln und Gebrauchsgütern sowie steigende Energiepreise. Außerdem müsse die Selbstverteidigung der Ukraine unterstützt werden, so der Erzbischof. An die russisch-orthodoxe Kirche appellierte Schick, mit der Verkündung von Christi Friedensgruß dazu beizutragen, dass die russische Aggression gegen die Glaubensgeschwister in der Ukraine beendet werde.

Der Berliner Erzbischof Heiner Koch erklärte, zur Osterbotschaft dieses Jahres gehöre auch, „die Ungerechtigkeit klar zu benennen, Verbrecher anzuklagen und zu verurteilen. Wir müssen unsere Botschaft des Lebens, des Friedens unüberhörbar machen, auch wenn uns gar nicht danach zumute ist“, forderte der Erzbischof. Er rief dazu auf, „dass wir anerkennen, dass zu einem gerechten Frieden auch das Recht auf Verteidigung gehört, dass zu einem menschenwürdigen Leben auch das Verurteilen von Unrecht gehört.“

Der Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr sagte, es erschüttere ihn, dass „Christen auf Christen schießen und dass die Mächtigen dies in der Absicht tun, damit christliche Traditionen und Werte zu verteidigen“. Der Bischof betonte: „In einem erschreckenden Ausmaß wird Gott vor den Karren menschlicher Machtinteressen gespannt. Das ist mit dem Gott und Vater Jesu Christi aber nicht zu machen.“

Der Dresdner Bischof Heinrich Timmerevers erklärte, der Friedenswunsch Jesu am Ostermorgen sei „keine Floskel, sondern ein drängender Maßstab“. Er mahnte: „Wenn wir Sanktionen gegen Russland mittragen, dann nur, damit auf den Frieden gedrängt wird. Wenn der Abwehrkrieg unterstützt wird, dann nur, damit langfristig Frieden einziehen kann.“ In dem Krieg sei es wichtig, „dass wir als Menschen, die Frieden suchen, beieinander bleiben – mit den Menschen in der Ukraine, aber auch mit den Menschen in Russland“. Timmerevers wörtlich: „Lassen wir uns nicht hinreißen, aus Empörung über das Verbrechen Russlands selbst zu Hassenden zu werden.“

Der Görlitzer Bischof Wolfgang Ipolt wandte sich direkt an den russischen Präsidenten Wladimir Putin: „Wenn Sie am nächsten Sonntag, dem orthodoxen Osterfest, zu einem Gottesdienst gehen, dann hoffe ich, dann hoffen die Menschen in Europa und der ganzen Welt, dass der Gruß des Auferstandenen ‚Friede sei mit euch‘ auch Ihr Herz verwandelt und Ihnen Gedanken des Friedens schenkt. Darum bete ich auch für Sie“.

Der Magdeburger Bischof Gerhard Feige sagte mit Blick auf die Ukraine, es sei wohl zu keiner Zeit leicht gewesen, die Freude und Hoffnung, die die Botschaft des leeren Grabes bringen wolle, anzunehmen. Feige verwies zugleich auf die Flüchtlingstragödien auf dem Mittelmeer, die Zehntausenden Corona-Toten oder die zahllosen Menschen, die tagtäglich Opfer der dramatischen Klimaveränderungen werden. Sie dürfen nicht verbessen werden.

Der Hamburger Erzbischof Stefan Heße sieht Ostern auch als Fest der Bereitschaft zu Veränderungen. In der Begegnung mit Jesu Botschaft könnten sich Menschen weiterentwickeln und verändern. Auch in der Ukraine werde es ein Ende von Gewalt und Kriegsverbrechen nur geben, wenn alle Beteiligten sich veränderten – am besten in der Begegnung mit dem auferstandenen Herrn, der vor uns hintritt und uns begrüßt mit den Worten: Der Friede sei mit dir!“

Der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer rief zu Frieden und Versöhnung auf. „Ostern heißt: Bei Gott ist das Leben stärker als der Tod, Versöhnung stärker als Krieg, Liebe stärker als Hass“, sagte er. Die Auferstehung Jesu verändere die Kirche und die Welt grundlegend. „An Ostern siegt die Gerechtigkeit“, so Wilmer.

Das unsägliche Leiden von Menschen weltweit ist für den Freiburger Erzbischof Stephan Burger nur in der christlichen Hoffnung auf Gott auszuhalten. „Wenn das Leben mit all seinen Grausamkeiten einen Sinn haben soll, wenn der geschundene Mensch überhaupt jemals eine Chance gehabt hat, dann nur deshalb, weil wir an Ostern in das außergewöhnlichste Geheimnis des Lebens eintauchen dürfen“, sagte Burger im Freiburger Münster. Er rief dazu auf, nicht die Freude am Glauben und an den biblischen Botschaften zu verlieren.

Der Rottenburg-Stuttgarter Bischof Gebhard Fürst sagte, Jesus habe für sich keine andere Macht als die der Liebe beansprucht. Damit „rüttelt er an den Grundfesten der Despoten, Kriegstreiber und aller, die ihre Macht missbrauchen“. Der Bischof betonte, Gott bleibe Sieger über die Geschichte allen menschlichen Leids: „Er verlässt uns nicht, sondern ist vor allem denen nahe, die unendlich Leid und Schmerz ertragen müssen.“

Der Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann Hoffnung sagte mit Blick auf die Ukraine: „Wir können nicht tatenlos zusehen, wenn ein Volk brutal überfallen, wehrlose Zivilisten gezielt hingerichtet, Familien ermordet, Krankenhäuser zerstört werden – wenn bewusst alle Humanität mit Füßen getreten wird.“ Auferstehung könne vor diesem Hintergrund wie eine Utopie erscheinen. Doch die Osterbotschaft sei letztlich „der einzige Anker, um die fatalen Spiralen unserer Welt zu durchbrechen“.

Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf sieht Ostern als Anlass, zu „hoffen gegen jede Hoffnung“. „Ängste überwinden, Zweifel nicht verschweigen – das ist Ostern“, sagte er im Mainzer Dom. Christen sollten Menschen sein, „die so leben, dass andere sie nach ihrer Hoffnung fragen“. In den biblischen Texten der Kar- und Ostertage seien die Jüngerinnen und Jünger Jesu ebenfalls „keine strahlenden Helden“. Kohlgraf: „Es macht die Evangelien umso glaubwürdiger, als sie kein Heldenepos erzählen, sondern die nackte Angst der Menschen damals benennen.“

Der Fuldaer Bischof Michael Gerber rief zu Solidarität mit Geflüchteten aus der Ukraine auf. Zugleich forderte er, aufmerksam dafür zu sein, wie die ankommenden Menschen „uns bereichern können, mit ihren Erfahrungen, mit ihrer Leidensgeschichte, aber auch mit ihrem beeindruckenden Durchhaltewillen und Zusammenhalt“, sagte er im Fuldaer Dom. „Das Leben, das von Ostern ausgeht, ist stärker als alle Dynamik der Vernichtung.“

Der Trierer Bischof Stephan Ackermann sieht in der Osterbotschaft ein großes Versprechen. „Gott bewahrt dich nicht vor allem, aber er rettet dich durch alles hindurch: Durch deine Niederlagen, deine Enttäuschungen, deine Schmerzen, ja selbst durch den Tod“, sagte er. Die biblischen Erzählungen der Osternacht täten den „aufgerauten Herzen“ gut und seien dennoch „keine naiven Gutenachtgeschichten“. Vielmehr halte man zwischendurch den Atem an, weil spürbar sei, wie gefährdet und zerbrechlich die Schöpfung und das menschliche Leben seien.

Der Aachener Bischof Helmut Dieser rief dazu auf, auf die Ergebnisse aktueller kirchlicher Reformprozesse zu vertrauen. „Ich habe keine Angst vor Reformen, die aus geistlicher Haltung, Übung und Gemeinschaft miteinander erbetet und errungen werden“, sagte er. „Viel schädlicher im Laufe der Kirchengeschichte war es, wenn Reformen aus Angst und Kleinglaube unterdrückt wurden.“ Die Auferstehung Jesu Christi zeige, dass seine Geschichte weitergehe. „Sie hört mit keiner Gestalt der Kirche auf, die sie in ihrer langen Geschichte immer wieder abstreifen musste wie eine Haut, die zu eng geworden war“, sagte er.

Der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker wandte sich gegen Hass und Fanatismus. Dem „fanatischen Hass rücksichtsloser Menschenverächter“ setze Ostern „ein entschiedenes Signal des uns von Gott erschlossenen Lebens entgegen“, sagte er. Nationalismus und Fanatismus auch in Europa schürten die Ängste vieler Menschen vor „unmenschlichen Zerstörern des Lebens und des Friedens“. Becker äußerte die Hoffnung, dass die Osterbotschaft sich hier durchsetzen möge.

Für Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck hat die katholische Kirche eine Zukunft, wenn sie am Rand der Gesellschaft Präsenz zeigt. „Wo wir Flüchtlingen helfen, wo wir ein Wort sprechen für die Rechte der Menschen, die sich um des Guten und des Friedens willen verteidigen müssen, da stehen wir oft am Rand“, sagte er. Die Kirche stehe immer weniger im Zentrum der Gesellschaft – auch, weil der Missbrauchsskandal sie an den Rand geschoben habe.

Der Münsteraner Bischof Felix Genn forderte, die Situation der Kirche nicht zu beschönigen. In Gesellschaft, Politik und Kirche geben es „viel Lüge und Unaufrichtigkeit und vieles, was böse“ sei. „Wir müssen uns dieser Wahrheit stellen, dass Menschen der Kirche den Rücken kehren, dass wir weniger werden, dass wir ratlos sind, weil wir nicht wissen, wie es weitergeht.“ Die Botschaft von Ostern könne hier Trost spenden – weil Christus den Menschen da begegnen wolle, wo sie weinten.

Der Passauer Bischof Stefan Oster griff das Bild der „Neugeburt“ auf. Die Jünger Jesu hätten diese durch die Erfahrung erlebt, dass der Auferstandene wirklich lebe. Deshalb sage Ostern den Menschen gleichfalls heute: „Mitten in einer Welt, die von Krieg und Krisen bedroht ist – und in der auch so viele von uns persönliche Leiderfahrungen machen müssen, mitten darin gibt es die Möglichkeit eines Vertrauens, das tiefer ist und stärker als alles andere. Die Hoffnung lebt, die Liebe lebt – der Himmel ist offen und sein Licht strahlt auch in mein Leben hinein.“

Der Würzburger Bischof Franz Jung rief die Menschen dazu auf, Wunden als Teil der Lebensgeschichte anzunehmen. „Wir sind verwundbar. Aber diese Verwundbarkeit macht den Kern unserer Menschlichkeit aus“, sagte er. Dadurch „werden wir zu mitfühlenden Menschen“, so der Bischof. Der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke appellierte an die Christen, die österliche Botschaft auch zu den Menschen in die Ukraine und nach Russland zu tragen. Das könne durch Gebete und konkrete Solidarität erfolgen, sagte er.

Der Augsburger Bischof Bertram Meier erwartet deutliche Veränderungen im Leben vieler Menschen. „Ich wage die Prognose: Um des Lebens willen werden wir wohl den Gürtel enger schnallen müssen, wir werden ärmer. Wir müssen die Schöpfung schützen“, sagte er. „Wir können die Krisen von heute nicht lösen mit unseren alten Schablonen.“ Der Bischof erinnerte daran, dass derzeit von einer Zeitenwende oder Transformationen im Lebensstil gesprochen werde. „Ich plädiere für eine ‚Osterwende‘. Bevor wir die Energiewende umsetzen, eine Verkehrswende und anderes mehr, brauchen wir eine Wende im Herzen.“

kna