Memorial-Mitgründerin Scherbakowa dankt für Friedensnobelpreis

Die Mitgründerin der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial, Irina Scherbakowa, hat sich im Namen ihrer Organisation für den Friedensnobelpreis bedankt.
Jena – Die Mitgründerin der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial, Irina Scherbakowa, hat sich im Namen ihrer Organisation für den Friedensnobelpreis bedankt. "Meine Gefühle sind gemischt. Manche meiner Kollegen in Russland haben mit Freude auf den Preis reagiert, aber auch mit Trauer angesichts des tragischen Hintergrunds derzeit durch die Situation in Russland und den Krieg in der Ukraine", sagte die Germanistin und Kulturwissenschaftlerin am Freitagabend in Jena. "Für viele ist dieser Preis natürlich auch eine Genugtuung, dass es eine Gerechtigkeit gibt."

Irina Scherbakowa –Foto: privat

Die Mitgründerin der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial, Irina Scherbakowa, hat sich im Namen ihrer Organisation für den Friedensnobelpreis bedankt. „Meine Gefühle sind gemischt. Manche meiner Kollegen in Russland haben mit Freude auf den Preis reagiert, aber auch mit Trauer angesichts des tragischen Hintergrunds derzeit durch die Situation in Russland und den Krieg in der Ukraine“, sagte die Historikerin und Germanistin am Freitagabend in Jena. „Für viele ist dieser Preis natürlich auch eine Genugtuung, dass es eine Gerechtigkeit gibt.“

Die Regimekritikerin sagte, sie hoffe sehr, dass Russland irgendwann „aus dieser moralischen, politischen Katastrophe“ einen Weg finde in Demokratie und Freiheit. „Aber ich weiß nicht, ob ich das wirklich erlebe“, so die 73-Jährige. Scherbakowa berichtete, ihre Organisation führe seit über 30 Jahre einen Kampf wie David gegen Goliath: „Wir haben sehr früh erkannt, wie gefährlich das ist, wenn man Patriotismus zur Staatsdoktrin erklärt und dazu Nationalismus, Fremdenhass, anti-westliche Stimmungen und Mythen hineinmischt.“ Einerseits habe die repressive Politik in Russland sich immer weiter verschärft, andererseits habe die Zustimmung und Unterstützung in der russischen Bevölkerung für Memorial trotz allem zugenommen: „Die Sicht auf den Staat und das Regime ist deutlich realistischer geworden.“

Memorial International wurde 1989 in Moskau gegründet. Angegliedert sind etwa 80 regionale Organisationen auch außerhalb Russlands. Schwerpunkte sind die Aufarbeitung von Gewaltherrschaft und das Eintreten für Menschenrechte. 2021 lösten Behörden die russischen Einrichtungen auf und nannten als Grund eine Finanzierung durch ausländische Geldgeber. Andere Menschenrechtsorganisationen kritisierten die Entscheidung scharf und nannten Memorial International das „moralische Rückgrat der russischen Zivilgesellschaft“.

Neben Memorial erhalten der belarussische Menschenrechtsaktivist Ales Bjaljazki (60) sowie das Center for Civil Liberties (Ukraine) den Friedensnobelpreis 2022, wie am Vormittag in Oslo bekannt gegeben worden war.

Mit Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine verließ Scherbakowa Russland und lebt nun im thüringischen Weimar. An der Universität Jena arbeitet sie als Gastprofessorin. Am Sonntag hält sie in Leipziger Nikolaikirche die traditionelle „Rede zur Demokratie“ zum Jahrestag der Friedlichen Revolution.

kna

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