Mit sechs Tagen Verzögerung hat der Vatikan die Kritik von zwei wichtigen Kurienkardinälen am deutschen Synodalen Weg im Wortlaut veröffentlicht.
Vatikanstadt – Mit sechs Tagen Verzögerung hat der Vatikan die Kritik von zwei wichtigen Kurienkardinälen am deutschen Synodalen Weg im Wortlaut veröffentlicht. Die Reden hatten der Präfekt des Glaubens-Dikasteriums, Kardinal Luis Ladaria, und der Präfekt des Dikasteriums für die Bischöfe, Marc Ouellet, am vergangenen Freitag in Rom den deutschen Bischöfen vorgetragen. Am Donnerstagnachmittag wurden sie von Vatican News in mehreren Sprachen digital publiziert. In den Folgetagen sollten sie auch in der italienischen und in der deutschen Ausgabe des Osservatore Romano erscheinen.
Ein dritter Debattenbeitrag, von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, bleibt bis auf weiteres unveröffentlicht. Das Einführungsreferat des deutschen Episkopats-Vorsitzenden Georg Bätzing hatte die Deutsche Bischofskonferenz bereits vergangene Woche im Netz publiziert. Kurienkardinal Ladaria, der im Auftrag des Papstes über die Bewahrung der kirchlichen Glaubenslehre wacht, ging in seinem Beitrag auf die Kirchenkrise infolge des Missbrauchsskandals ein und sagte: „Es gibt sehr viele, die sich von den Männern und Frauen der katholischen Kirche zutiefst verraten fühlen (…) und kein Vertrauen mehr in uns Bischöfe haben. Und das geschieht nicht ohne Grund.“
Fünf kritische Anmerkungen zum Synodalen Weg
Ladaria lobte die Bemühungen der deutschen Bischöfe, dem Missbrauch mit Aufklärung, Strafen und Vorbeugung entgegenzutreten. Zugleich machte er fünf kritische Anmerkungen zum Synodalen Weg, mit dem die Kirche in Deutschland weitergehende Konsequenzen aus dem Skandal zu ziehen versucht. Kritisch merkte er an, Texte des Synodalen Wegs enthielten „allgemeine Aussagen über die im Volk Gottes vorhandenen Positionen, anspielende Verweise auf wissenschaftliche (…) Erkenntnisse, die noch in der Diskussion sind, (…) und schließlich Verweise auf ungenannte Theologen.“
Ladaria schlug vor, der deutsche Synodale Weg solle ein „Schlussdokument“ verfassen, in dem weniger solche ungesicherte Behauptungen enthalten seien. Scharfe Kritik übte Ladaria am Kirchenbild der Texte des Synodale Wegs. Sie würden die Kirche „auf eine bloße Machtinstitution reduzieren oder sie von vornherein als eine strukturell Missbrauch hervorbringende Organisation betrachten, die so schnell wie möglich unter die Kontrolle von Oberaufsehern gebracht werden muss.“ Viele Vorschläge des Synodalen Wegs liefen Gefahr, die Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) von der Sendung der Bischöfe und der Ortskirchen zu missachten.
Ladaria wendet sich gegen die Sexuallehre in den Synodal-Texten
Mit ähnlicher Schärfe wandte sich Ladaria gegen die Sexuallehre in den Synodal-Texten. Sie erweckten den Eindruck, als ob es „auf diesem Gebiet der kirchlichen Lehre fast nichts zu retten gebe“ und alles geändert werden müsse. Die Bewahrung des „Leben empfangenden und weitergebenden Charakters des Menschen“ bleibe aber unverändert eine der großen prophetischen Aufgaben der Kirche in einer Zeit der „fortschreitenden Kommerzialisierung der menschlichen Existenz“.
Zur Frage der Frauenweihe bemerkte Ladaria, die Texte des Synodalen Wegs reduzierten alles auf die Behauptung, dass die grundlegende Würde der Frauen in der katholischen Kirche nicht respektiert werde, weil sie keinen Zugang zur Priesterweihe haben. Dies werde der kirchlichen Lehre zu dem Thema nicht gerecht, zudem enthalte der Text viel Polemik. Ladaria regte an, der Synodale Weg solle dazu eine „Synthese“ verfassen, die deutlich mache, dass die deutschen Ortskirchen Teil der Weltkirche seien. Schließlich kritisiert Ladaria, dass der Synodale Weg die Lehren des Konzils über das kirchliche Lehramt der Bischöfe weitgehend vergesse. Es sei aber „nicht möglich, diese heikle und entscheidende Aufgabe im Leben der katholischen Kirche mit anderen Ämtern in der Kirche gleichzusetzen, wie zum Beispiel mit denen der Theologen und der Experten in anderen Wissenschaften.“