Kardinal Rainer Maria Woelki kann seine Hochschulpläne auch gegen den Willen seines Finanzgremiums durchsetzen.
Mainz/Köln – Kardinal Rainer Maria Woelki kann seine Hochschulpläne auch gegen den Willen seines Finanzgremiums durchsetzen. Wenn dieses Kirchensteuermittel für die Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT) verweigern würde, könnte der Erzbischof sich darüber hinwegsetzen, sagte der Mainzer Kirchenrechtler Matthias Pulte am Dienstag im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). „Auch beim Geld hat der Erzbischof das Sagen.“ Am Samstag beschließt der Kirchensteuer- und Wirtschaftsrat den Wirtschaftsplan 2023 des Erzbistums.
Dabei geht es auch um die Frage, ob oder in welcher Höhe Kirchensteuern für die umstrittene Hochschule fließen sollen. Diese hatte das Erzbistum 2020 von den Steyler Missionaren in Sankt Augustin übernommen und baut sie nun als KHKT in Köln neu auf. Kritiker halten die jährlichen Millionenausgaben für unnötig, da es mit der staatlich finanzierten Katholisch-Theologischen Fakultät in Bonn ein ausreichendes Angebot gebe.
Laut Pulte hat der Erzbischof in der Finanzverwaltung eine sehr umfassende Vollmacht, „die kaum wirklich effektiv eingehegt ist“. Maßgeblich sei eine auf dem Kirchenrecht fußende Ordnung von 2016. Danach erstelle der Finanzdirektor den Etat nach dem vom Erzbischof vorgegebenen Eckpunkten oder Richtlinien, also die von ihm bestimmten inhaltlichen Schwerpunkte. „Und die sind nicht verhandelbar.“
Der Rat muss laut Pulte darauf achten, ob für die Vorhaben genügend Mittel zur Verfügung stehen. Stimme er einem oder allen Eckpunkten nicht zu, lehne er den Wirtschaftsplan also ab, würden in einer Sondersitzung die strittigen Punkte erneut verhandelt. Bleibe es beim Dissens, könne der Erzbischof den Rat mit gewählten und berufenen Experten auflösen und den Wirtschaftsplan in Kraft setzen. „Das wäre natürlich ein Super-GAU“, so Pulte.
Zuvor hatte der Kirchenrechtler Thomas Schüller bereits gegenüber dem Neuen Ruhrwort darauf hingewiesen, dass er für die Mitglieder des KiWi durchaus einen Spielraum sehe. Auch Schüller verweis allerdings darauf, dass der Erzbischof im Fall eines Dissens das Gremium auflösen kann und den Wirtschaftsplan dann selbst in Kraft setzen kann. „Nun ist also zu schauen, ob die unabhängigen Damen und Herren in diesem Rat Rückgrat zeigen, auch auf die Gefahr hin, aufgelöst und abgelöst zu werden. Dann wäre zu schauen, was dann im Erzbistum geschieht“, sagte Schüller.
Der Kardinal hatte kürzlich vor dem Gremium die KHKT als „pastoralen Schwerpunkt“ benannt. Laut Erzbistum hat er die Hochschule damit aber nicht als Etat-Eckpunkt definiert. Wenn es aber doch dazu käme, müsste laut Pulte das Erzbistum sehen, wie die Hochschule finanziert wird. Eventuell müsse es dann in anderen Bereichen sparen.
Nach den Worten der Krichenrechtler bleibt es einem Ortsbischof überlassen, wie er sein Amt versteht: Ob er sich wie der Bischof von Münster an das Votum seiner Gremien halten wolle oder ob er das traditionelle Amtsverständnis eines absolutistischen Monarchen pflege.
Pulte widersprach dem Argument Woelkis, die Kirche müsse sich wegen der sinkenden Christenzahl darauf vorbereiten, dass die staatlich theologischen Fakultäten verloren gehen könnten. Seit Gründung der Bundesrepublik habe der Staat kein einziges Mal einseitig eine theologische Fakultät infrage gestellt, so der Kirchenrechtler.
Woelki verweist in seiner Argumentation auf die 2007 erfolgte Herabstufung der Theologischen Fakultäten in Bamberg und Passau auf Institute. Pulte verwiese darauf, dass diese vom bayerischen Rechnungshof eingeforderte Reduzierung kein einseitiger Akt des Staates gewesen sei. „Sie basierte auf einer Einigung zwischen Bayern und dem Vatikan. Die Sorge ist unberechtigt, dass der Staat ein unzuverlässiger Partner ist“, so Pulte. Und das gelte ganz besonders für Nordrhein-Westfalen. „Das Land hat sich im Gerangel um die KHKT eindeutig zur Bonner Fakultät bekannt. Und es hält sogar an der Bochumer katholischen Fakultät fest, obwohl dort der Kernbereich Priesterausbildung gar nicht mehr existiert“, betonte der Kirchenrechtler.
rwm/kna
Woelki-Hochschule: Kirchenrechtler Schüller betont Spielraum für Kirchensteuerrat