Abschiednehmen von einem emeritierten Papst – Der Vatikan betritt zeremonielles und liturgisches Neuland

Die Beisetzung eines gestorbenen Papstes hat die katholische Kirche genau geregelt. Was aber, wenn der Gestorbene als Papst zuletzt nicht mehr im Amt war? Wie könnten die Trauerfeiern für einen Emeritus aussehen?
Abschiednehmen von einem emeritierten Papst - Der Vatikan betritt zeremonielles und liturgisches NeulandDie Beisetzung eines gestorbenen Papstes hat die katholische Kirche genau geregelt. Was aber, wenn der Gestorbene als Papst zuletzt nicht mehr im Amt war? Wie könnten die Trauerfeiern für einen Emeritus aussehen? Benedikt

Symbolfoto: Kai Pilger/Pixabay

Tod, Aufbahrung und Beisetzung eines Papstes gehören zum „Leben“ der Kirche und beschließen ein Kapitel ihrer rund 2.000 Jahre alten Geschichte. Sie sind ein faszinierendes Schauspiel, auf das alle Welt mit Neugier und Interesse blickt. Letztmals 1963, mit dem Ableben von Johannes XXIII., fanden diese Feierlichkeiten „cum maxima pompa“ statt, also mit der vollen Prachtentfaltung des bis 1968/70 bestehenden Päpstlichen Hofes.

Die Exequien für Paul VI. und Johannes Paul I. 1978 zelebrierte man aber dann bereits im Sinne Pauls VI. in „evangeliumsgemäßer Schlichtheit“. Sie waren allerdings nicht weniger beeindruckend. Der Tod von Johannes Paul II. (2005) brachte dann sogar eine unüberschaubare Menschenmenge – insbesondere aus Polen – nach Rom. Die Beisetzung wurde zu einem unvergesslichen Ereignis, auch in den Medien.

Was geschieht nun im Vatikan nach dem Tod eines Papstes? Zuerst folgt die offizielle Feststellung des Ablebens durch den Kardinal-Camerlengo (Kämmerer; derzeit Kardinal Kevin Farrell), die Offizialen der Apostolischen Kammer sowie den Leibarzt des Papstes. Dann versiegelt der Kämmerer das Arbeitszimmer und die Privatgemächer und nimmt vom Apostolischen Palast „Besitz“.

Die Angehörigen des Päpstlichen Hauses, Vertretern der Republik Italien, dem Diplomatischen Korps sowie den Mitarbeitern der Römischen Kurie und des Vatikanstaates bekommen die Möglichkeit, von dem Verstorbenen im Apostolischen Palast Abschied zu nehmen. Wie es bei Franziskus gehandhabt werden wird, der im Gästehaus Santa Marta und nicht im Palast wohnt, ist bislang unklar.

Dem mit rotem Meßgewand – Rot ist die Trauerfarbe der Päpste -, Pallium, weißer Mitra und Kreuzstab aufgebahrten Papst geben Hellebardiere der Schweizergarde die Ehrenwache. Zu gegebener Zeit überführt man den Leichnam in feierlicher Prozession nach Sankt Peter. Durch das Bronzetor wird er über den Petersplatz ins Innere der Grabeskirche des ersten Bischofs von Rom getragen.

Vor der Confessio am Petrusgrab wird der Verstorbene dann aufgebahrt, damit die Gläubigen Abschied nehmen können. Vor der Begräbnismesse legt man den Leichnam in einen Sarg aus Zypressenholz. Über die Zeremonie wird ein notarieller Akt – „rogitum“ genannt – in zwei Exemplaren verfasst, von denen eines in eine Metallkartusche zu stecken, das andere zu archivieren ist. Der Päpstliche Zeremonienmeister und der Sekretär des Papstes legen nach altem Brauch ein Tuch aus weißer Seide auf das Gesicht des Verstorbenen.

Der Zeremonienmeister gibt einen Beutel mit Münzen, die in der Amtszeit des Papstes geprägt wurden, sowie die Kartusche mit dem notariellen Akt in den Sarg, nachdem er sie mit seinem Siegel versehen hat. Der Sarg wird mit roten Bändern umwunden, auf die man die Siegel der Apostolischen Kammer, der Präfektur des Päpstlichen Hauses, des Amtes der päpstlichen Zeremonien und des Kapitels der Petersbasilika aufbringt. Dann wird er in einen weiteren, innen verzinkten Holzsarg gelegt, den Arbeiter der Dombauhütte zulöten. An diesem werden wiederum die schon erwähnten Amtssiegel angebracht.

Das festliche Requiem wird auf dem Petersplatz zelebriert – mit dem Sarg vor dem Außenaltar. Nach der Eucharistiefeier nehmen mit Gebeten, Weihrauch und Weihwasser hochrangige Würdenträger des lateinischen Ritus und der mit Rom verbundenen Ostkirchen Abschied von dem Verstorbenen. Zum Abschluss des Gottesdienstes trägt man den Sarg zur Beisetzung ins Innere der Basilika.

Das Abschiednehmen von einem verstorbenen Papst wird in diesen Tagen allerdings einem ungewöhnlichen Belastungstest unterzogen. Denn neben dem regierenden Papst gab es seit 2013 auch erstmals seit Jahrhunderten auch einen „Papa emeritus„. Wie verfährt man zeremoniell und liturgisch mit dem Verstorbenen, der ja früher Papst war?

Seinen Tod festzustellen, hat nicht die Gewichtung, die beim regierenden Papst angebracht und erforderlich ist. Ebenso braucht eine Versiegelung und „Besitzergreifung“ der Wohnung keine Rolle zu spielen. Eine Aufbahrung des Emeritus scheint wahrscheinlich und angebracht. Doch schon dieses Ritual kann „Fallstricke“ mit sich bringen.

Stirbt ein Metropolitanerzbischof, so zeigt er sich auf der Bahre mit dem um die Schultern gelegten Pallium, dem Ehrenzeichen dieses Ranges. Emeritierten Metropoliten soll diese besondere Stola bei ihrer Aufbahrung zusammengefaltet unter den Kopf gelegt werden. Das Pallium ist Zeichen der realen, aktuellen Fülle erzbischöflicher Amtsvollmacht, steht also nur einem regierenden Metropoliten zu. So müsste es auch bei einem verstorbenen emeritierten Papst gehandhabt werden.

Bis zum Pontifikat von Paul VI. benutzten die Päpste keinen eigenen Hirtenstab. Paul VI. ließ einen Pastoralstab schaffen, der von der einzigartigen Stellung des Papstes Zeugnis geben sollte. Als „pedum rectum“, aufrecht, ohne Krümme, mit einer Christusdarstellung, ist es das Pendant zum Stab der Bischöfe, ein Zeichen für die universelle Hirtengewalt, die durch keine andere Gewalt auf Erden begrenzt ist.

Ein solches Pedum, das die päpstliche Amtsvollmacht präsentiert, einem zurückgetretenen verstorbenen Papst beizulegen, dürfte daher nicht logisch erscheinen. Auch ob die Schweizergarde eine Ehrenwache bei dem Verstorbenen stellen wird, wird zu diskutieren sein. Offiziell hat ihr Dienst bei Benedikt XVI. mit dessen Rücktritt ein definitives Ende gefunden.

Denkbar und sinnvoll wäre daher eine Übernahme der Ehrenwache durch die vatikanische Gendarmerie. Die Sarglegung könnte sich in vereinfachter Form an der für einen im Amt verstorbenen Papst orientieren. Das abschließende Requiem dürfte keine großen Abweichungen vom üblichen Prozedere aufweisen – abgesehen von der Besonderheit, dass der regierende Papst mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit den Vorsitz der Feier übernehmen wird.

Vorab über die genauen Modalitäten und den Ablauf der Beisetzung eines Ex-Papstes zu spekulieren, ist müßig. Die Zeremoniare werden in ihre bereits erarbeiteten Konzepte auch noch so manche Unwägbarkeit einfließen lassen müssen. So dürfte etwa das Testament des Emeritus mit seinen Verfügungen zu beachten sein. Letztlich aber muss der aktuelle Inhaber des Petrusamtes definitiv entscheiden

Von Ulrich Nersinger