Soziologe Heinz Bude bricht eine Lanze für Beichte und Vergebung

Der Berliner Soziologe Heinz Bude hält den Grundgedanken von Beichte und Vergebung für ein wichtiges Elemente auch in einer zunehmend unreligiösen Gesellschaft.

Der Berliner Soziologe Heinz Bude hält den Grundgedanken von Beichte und Vergebung für ein wichtiges Elemente auch in einer zunehmend unreligiösen Gesellschaft. Zugleich räumte der Katholik in einem Interview der Welt am Sonntag ein, dass er das Sakrament der Beichte „in seiner kodifizierten Form“ schon seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr in Anspruch genommen habe. Allerdings kenne er Situationen, in denen es sehr wichtig sei „nicht nur mit sich alleine zu sein, sondern gewissermaßen Zwiesprache zu halten“.

Als Beispiel nannte Bude, Jahrgang 1954, ein Erlebnis aus dem privaten Umfeld. „Als meine Mutter ins Koma fiel, standen wir vor der Frage, ob sie noch künstlich ernährt werden sollte. Das ist eine Situation von existenzieller Bedeutung, eine unausweichliche Entscheidung, die man im Grunde gar nicht treffen kann, ohne dabei schuldig zu werden auf die eine oder die andere Weise.“ Es handle sich um eine Situation, „die eine Beichte heraufbeschwört“.

Um Zwiesprache zu halten, begebe er sich in eine Kirche, so der Soziologe. Denn dafür brauche es einen institutionellen Raum, „und auch eine gewisse äußere Form, also dass man niederkniet, ein Gebet spricht. Das zu Hause zu machen oder im Zug beim Blick aus dem Fenster, das ist sehr schwierig.“ In der Beichte gehe es um Krisen, „die unser gesamtes Dasein in der Welt betreffen und erschüttern“, sagte Bude.

Bude: Beichte kann auch für im Heute verankerte Menschen von Interesse sein

Klassische Fälle hätten oft mit zwischenmenschlichem Verrat zu tun, etwa eine Affäre. „Und damit kommt man nicht zurecht.“ Die daraus resultierenden Konflikte könne man oftmals weder mit sich selbst, noch im Austausch mit Freunden lösen. Auch therapeutische Hilfe bringe kaum weiter.

Genau deswegen könne die Idee der Beichte auch für im Heute verankerte Menschen von Interesse sein. „Man kann schuldig an sich selber und an seiner Mitwelt werden, und trotzdem erfährt man die Möglichkeit der Vergebung und damit verbunden: neue innere Kraft, um sich der Welt wieder zuzuwenden.“ Voraussetzung sei jedoch die Einsicht in das eigene Scheitern, die eigene Unvollkommenheit.

Die Sündenfähigkeit des Menschen brauche zugleich einen starken Vergebungsbegriff, fügte Bude hinzu. „Ohne Vergebung kann der Mensch letztlich nicht existieren“, zeigte sich der Soziologe überzeugt. „Ich würde den Kirchen immer raten, das Thema Vergebung ins Zentrum zu stellen.“

kna