Memleben erinnert an den 1050. Todestag Ottos des Großen

In der Kaiserpfalz Memleben starb vor 1.050 Jahren Kaiser Otto der Große. Seine Bestattung fand zwar in Magdeburg statt, aber sein Herz soll noch immer in Memleben ruhen.
Memleben erinnert an den 1050. Todestag Ottos des Großen

Blick in die Ausstellung. –Foto: Museum Kloster und Kaiserpfalz Memleben

Vom Gegenstand des Interesses wie vom eigentlichen Schauplatz fehlt bis heute fast jede Spur: Zu Pfingsten vor 1.050 Jahren verlor Kaiser Otto der Große sein Herz in Memleben, seiner Kaiserpfalz. Und das im wahrsten Sinne des Wortes, denn während sein Körper nach seinem Tod zur Bestattung in den Magdeburger Dom gebracht wurde, verblieb sein Herz vor Ort und wurde vermutlich zunächst in der Marienkirche der Kaiserpfalz beigesetzt. Doch es folgten wilde Zeiten, und so kamen Herz und Pfalz irgendwann abhanden. Die Suche nach beidem beschäftigt Archäologen seit über 90 Jahren. Das einst politisch hoch bedeutsame Memleben ist heute ein beschauliches Örtchen im romantischen Unstruttal von Sachsen-Anhalt.

Zum Jubiläum präsentiert das Museum Kloster und Kaiserpfalz Memleben ab kommendem Sonntag auf dem historischen Klostergelände die Sonderausstellung „Des Kaisers Herz – Archäologische Tiefenfahndung am Sterbeort Ottos des Großen“. Denn vom Kloster sind zumindest noch einige Ruinen erhalten. Es wurde 979 von Ottos Sohn – Kaiser Otto II. – gestiftet und als Reichskloster wohl opulent ausgestattet. Die angesiedelten Benediktinermönche erhielten damals den Auftrag, für das Seelenheil des Herrschers zu beten – was sie gut 500 Jahre taten, bis das Kloster im Zuge der Reformation unterging.

An einem anderen Ort in Sicherheit gebracht

Archäologe Holger Grönwalt, der die Forschungsgrabungen im Kloster Memleben leitet, sagte: „Wir gehen davon aus, dass das Herz des Kaisers dann auch in die erste Klosterkirche überführt wurde und später im 13. Jahrhundert in die zweite Klosterkirche.“ Grönwalt vermutet, dass es vor dem Untergang des Klosters noch an einen anderen Ort außerhalb von Memleben in Sicherheit gebracht worden sein könnte – historische Belege dafür gibt es indes nicht.

Vom frühen Mittelalter bis in die Neuzeit war eine getrennte Bestattung von Körper und Herz sowie der übrigen inneren Organe bei hochgestellten Persönlichkeiten wie Monarchen, Päpsten und Bischöfen in Europa durchaus üblich. Der Brauch, der bis in die Zeit der ägyptischen Pharaonen zurückzuführen ist, hat seine Begründung darin, dass die Organe entnommen werden müssen, um eine perfekte Einbalsamierung zu garantieren. Die Herzen zahlreicher Päpste etwa sind bis heute in Rom in der Kirche beim berühmten Trevibrunnen – die den heiligen Vincenzo und Anastasio geweiht ist – bestattet. Zuletzt wurden 1903 die inneren Organe von Papst Leo XIII. dort beigesetzt.

Die Memlebener Museumsdirektorin Andrea Knopik ist in ihrer Herzensangelegenheit optimistisch: „Ob wir das Herz des Kaisers tatsächlich hier noch finden werden, bleibt fraglich – aber die Suche danach hat in den vergangenen Jahren erstaunliche Erkenntnisse über diesen besonderen Ort zutage gefördert“, betont Knopik. So konnten anhand der archäologischen Entdeckungen die zum Kloster gehörenden beiden Kirchen rekonstruiert werden. „Das waren monumentale Bauten – dem Kölner Dom vergleichbar“, so Knopik.

Mittels 3D-Technik wieder „auferstehen“ lassen

An die erste Kirche aus dem 10. Jahrhundert erinnert nur noch ein Grabungsfeld, an die zweite immerhin noch eine Ruine. Einzig die Krypta, eine unterirdische Mischung aus Gruft und Gebetsraum aus dem 13. Jahrhundert, ist vollständig erhalten. Beide Sakralbauten können Besucherinnen und Besucher nun mittels 3D-Technik und Tablets vor ihren eigenen Augen auch vollständig wieder „auferstehen“ lassen.

In der Ausstellung selbst werden neue Fundstücke aus den archäologischen Grabungen der vergangenen Jahre gezeigt, darunter Reste einer spätmittelalterlichen Küche, Alltagsgegenstände der Mönche, ein Skelett und ein Weihestein aus dem 11. Jahrhundert, der möglicherweise zu einem Altar gehörte.

Über das gezeigte Skelett etwa ist zu erfahren, dass es einem Mann gehörte, der um 1200 starb, rund 1,65 Meter groß und recht muskulös war, an Parodontose und etwas Arthrose litt. Doch das eigentlich Entscheidende an dem Fund: Er wurde in der älteren der beiden Klosterkirchen bestattet, mit dem Kopf gen Jerusalem, und ist damit der Beleg dafür, dass diese Kirche tatsächlich fertiggestellt und geweiht worden war, bevor mit dem Bau der zweiten Kirche begonnen wurde. Es ist die Antwort auf eine der Fragen, die lange offen waren.

Von Karin Wollschläger (KNA)