Das katholische Entwicklungshilfswerk Misereor fordert anlässlich des Jahrestags des Kriegsendes eine stärkere Unterstützung ziviler Konfliktbearbeitung.
Aachen/Bonn – Eine stärkere Unterstützung ziviler Konfliktbearbeitung fordert das katholische Entwicklungshilfswerk Misereor. Die Bundesregierung müsse angesichts der verheerenden Auswirkungen der gegenwärtigen Kriege sehr viel mehr in Konfliktprävention, zivile Konflikt- und Krisenbearbeitung und eine längerfristige Stärkung zivilgesellschaftlicher Instrumente investieren, betonte der bei der Deutschen Bischofskonferenz für Misereor zuständige Freiburger Erzbischof Stephan Burger am Montag in Aachen. Er äußerte sich anlässlich des Tages der Befreiung von der Nazi-Herrschaft am 8. Mai.
Für den Zivilen Friedensdienst (ZFD) stelle Deutschland aktuell 60 Millionen Euro jährlich zur Verfügung, so Burger. Demgegenüber investiere der Bund neben dem auf mehrere Jahre angelegten Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr mehr als 50 Milliarden Euro pro Jahr in seinen Verteidigungsetat.
Kein Reaktivieren eines Freund-Feind-Denkens
„Weltweite Krisenherde, darunter auch der Krieg in der Ukraine, lehren uns zweierlei: Erstens, dass kein Staat vor einer Aggression von außen sicher sein kann, und deshalb auch Deutschland für diesen Fall gewappnet sein sollte. Und zweitens, dass Krieg keine Lösung ist“, unterstrich Burger. Deshalb sollten zusätzliche Bundesmittel nicht allein für militärische Zwecke bereitgestellt werden, sondern auch für die zivile Krisenprävention und für die Entwicklung und Einführung aktiver gewaltfreier Verteidigungsmechanismen – von Nicht-Kooperation bis zu sozialer Verteidigung.
Misereor lehnt nach den Worten von Burger eine zunehmende militärische Aufrüstung sowie das Reaktivieren eines Freund-Feind-Denkens ab. Zur Vertrauensbildung und Lösung von Konflikten würden zusätzliche Dialogformate benötigt, in die auch die Zivilgesellschaft stärker eingebunden sein müsse.
Aufarbeitung der Vergangenheit
„Frieden ist ein jahrelanger, bisweilen jahrzehntelanger Prozess“, sagte Burger Er bestehe nicht allein aus Begegnung, Dialog, Verhandlungen, Interessenausgleich und Kompromiss, sondern auch in der Aufarbeitung der Vergangenheit, in Wahrheits- und Versöhnungskommissionen und in der Schaffung von gleichen Chancen und Lebensverhältnissen für alle. Auch seien gut ausgestattete Bildungs-, Sozial- und Gesundheitssysteme und die Unterstützung von geflüchteten, traumatisierten und vertriebenen Menschen zentral. Gerade religiöse Repräsentanten und Repräsentantinnen könnten helfen, dieses Anliegen umzusetzen.
Auch der Vorsitzende der Deutschen Kommission Justitia et Pax, Bischof Heiner Wilmer, mahnte zum Jahrestag mehr Einsatz für den Frieden an. „Wir denken insbesondere an die Ukraine und andere Regionen Europas, die von Gewalt und Unsicherheiten betroffen sind“, so der Hildesheimer Bischof in einer Erklärung. „Wir müssen unser Engagement für Frieden und die Versöhnung stärken und um Heilung der Wunden beten, die dadurch entstanden sind.“